Schon ein illustrer Haufen, der sich in Babylon getroffen hatte. Melchior kam aus Arabien, seines Zeichens Sterndeuter und damit prädestiniert für Wahrsagerei mit einem gewissen prophetischen Anspruch. Dann Balthasar, hinzugekommen aus Saba und aus innerer Überzeugung Philosoph. Und schließlich Caspar von Chaldäa, ein Magier, der sich in der mystischen Ausgestaltung von Ereignissen bestens auskannte.
Feingeistiges am Freitag: Prosa, Lyrik, Kürzestgeschichten, Gedanken, aktuelle Themen, zeitlose Texte.
22 Dezember 2023
Der lange Weg der Männer aus dem Morgenland
Schon ein illustrer Haufen, der sich in Babylon getroffen hatte. Melchior kam aus Arabien, seines Zeichens Sterndeuter und damit prädestiniert für Wahrsagerei mit einem gewissen prophetischen Anspruch. Dann Balthasar, hinzugekommen aus Saba und aus innerer Überzeugung Philosoph. Und schließlich Caspar von Chaldäa, ein Magier, der sich in der mystischen Ausgestaltung von Ereignissen bestens auskannte.
13 Dezember 2023
26 und 1
08 Dezember 2023
Spätes Treffen
01 Dezember 2023
Eine künstliche Liebesgeschichte
24 November 2023
Fühle mit mir
17 November 2023
Tierischer Ball
10 November 2023
Wohin soll das führen
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(Pixabay - AI generated) |
Kurzer Werbeblock, der junge Mann am Mikrofon übergibt das Zepter an seine hübsche Kollegin, immerhin ein schöner Anblick, der durch einen Schluck Begrüßungssekt noch mal gesteigert wird. Sie erzählt natürlich genauso unsinnige Behauptungen wie ihr Vorredner, ach, warum müssen gutaussehende Menschen nur immer meinen, dass sie auch intelligent seien.
03 November 2023
Müßiggang
27 Oktober 2023
Aufstehen, es ist Freitag!
Vorsichtig lupfe ich das Kissen an, sofort stürzen sich wieder Sonnenstrahlen auf mich, mehrere zugleich und im Chor intonieren sie jetzt das „Guten Morgen“, es schwillt an, bis es orkanartige Lautstärke erreicht. Ich halte mir die Ohren zu, von Ferne mischen sich jetzt Hörner dazu, Signal zum Aufstehen oder ist es der Radiowecker, der gerade anspringt und eine musikalische Begleitung unterhebt? Ich werfe mich herum, ziehe die Beine an, schüttle vorsichtig den Kopf und befreie mich durch einen geschickten Gedankengang vom schlechten Gewissen, noch gemütlich im weichen Bett zu liegen. Das Schuldbewusstsein meiner Trägheit verbündet sich jetzt mit dem Tenor, der in die zweite Runde geht und etwas von Frühstück, heroischem Sieg über den Hunger und einem aufopferungsvollen Kampf gegen die Widrigkeiten der Projektarbeit singt.
Ich wage es, die Augen ein wenig zu öffnen, wie kann durch so einen kleinen Spalt nur so viel Licht eindringen. Aber so recht wollen sie denn doch auch nicht mehr zufallen, „Guten Morgen“, naja zumindest nicht schlecht und eine verheißungsvolle Vorfreude auf eine erfrischende Dusche, duftenden Kaffee und das herannahende Wochenende.
20 Oktober 2023
Sibille geht wählen
13 Oktober 2023
Pech gehabt!
06 Oktober 2023
Bahn-Bullshit-Bingo
Einfach zum Bahnhof gehen und losspielen. Sobald Sie eine Reihe oder Spalte voll haben lautstark „Bullshit“ rufend durch den Bahnhof oder Zug laufen (je nachdem, wo Sie gerade sind).
Verzögerungen im Betriebsablauf |
Streckensperrung |
Reparatur an der Strecke |
Notarzteinsatz |
Verspätung aus vorangegangener Fahrt |
Fahrt fällt aus |
Umleitung des Zuges |
Kurzfristiger Personalausfall |
Bauarbeiten |
Halt entfällt |
Reparatur am Zug |
Fahrzeugstörung |
Stellwerksschaden |
Triebwerksschaden |
Tür blockiert |
Einschränkungen auf der Strecke |
Keine Freigabe vom Fahrdienstleister |
Personen im Gleis |
Stromausfall |
Beschädigung einer Brücke |
Technischer Defekt am Bahnhof |
Unwetterauswirkung |
Oberleitungsstörung |
Strecke belegt |
29 September 2023
Ja, wer bin ich denn schon?
Zwei Bierflaschen stehen auf der Bank neben mir. Eine davon gehört Andrea, die ich gerade kennengelernt habe. Sie ist ein wenig angetrunken, ich auch. Und wie das so ist werden die Gespräche tiefer und immer tiefer. Was sich für nüchterne Zuhörer dann immer schwieriger anhört. Eingestiegen waren wir über Sport, ihre Leidenschaft für Bouldern hat sie mir ausführlich erläutert, ich habe mit meiner Höhenangst gegengehalten. Das will sie ja nun nicht durchgehen lassen. Bei ihrem Traum von Freizeitbeschäftigung geht es nicht darum, in schwindelerregender Höhe herumzuklettern, sondern geschickt mit den Haltemöglichkeiten umzugehen, den eigenen Schwerpunkt zu fühlen, Griffkraft zu entwickeln und so weiter und so weiter.
22 September 2023
Hurra, ich habe Internet
Wie schön, dass es das
Internet gibt
Menschen, die anderen zeigen, wie schön sie sind
Menschen bewundern, aber nie real kennenlernen
Personen, die sich für intelligent halten und das allen
mitteilen
Behaupten, es gäbe Information zu allen Themen
Vorgaukeln, die Informationen wären ausgewogen
Zeitfresser unter dem Deckmantel der persönlichen Vernetzung
Mit Geld steuerbare Suchergebnisse
Alles überall, aber nirgends real
Rund um den Erdball kommunizieren ohne sich je zu treffen
Mal öffentlich anonym die Meinung sagen
Gute Umgangsform oder Empathie sind entbehrlich
Meinungsfreiheit, die sich an der Mehrheit orientiert
Demokratie 2.0
Shitstorm als moderne Form der Hexenjagd
Relevanz beurteilt nach Anzahl der Aufrufe
Vermeintliche Qualitätskontrolle durch Schwarmintelligenz
Verschwimmen der Grenze zwischen Mensch und Maschine (KI)
Die glänzendsten Bühnen und die schmuddeligsten Hinterhöfe
Verbreitung von Unsinn, manchmal sogar „viral“
Inhalte wie ein Zeitschriftenregal an der Tanke
Ergiebige Quelle für Fremdschämen
Wer nicht mitmacht ist tot
15 September 2023
Lebensweg
An mir klebt der Staub einer Reise
Der sich auch nicht abschütteln lässt
Und weil ich ihn täglich geatmet hab
Sitzt er tief in mir drinnen und fest.
Aus der Vergangenheit zu uns geeilt
Zu den Körpern, die wir heute haben
Geformt von den Flüssen der Zeit.
Komm, teil mit mir Herzschlag und Leben
Bis Atem und Zeit einig sind
Und in diesem endlosen Moment
Sich alles um uns verliert und verrinnt.
13 September 2023
Aus aktuellem Anlass
Der Tod ist ein integraler Bestandteil unseres Lebens,
niemand kann ihm ausweichen. Ereilt er einen geliebten Mitmenschen, dann kommen
Fragen auf. Warum gerade er, warum (schon) jetzt, warum auf diese Weise.
Fragen, die wir als Menschen nicht beantworten, uns nur manchmal der Antwort
nähern können.
Am Schluss bleiben also drei Punkte, die wir akzeptieren
müssen. (1) Der Tod ist unausweichlicher Teil des Lebens. (2) Wir haben eine
individuelle Lebensaufgabe, die wir selbst erfüllen müssen. (3) Jeder hat das
Recht und die Pflicht zur eigenen Lebensgestaltung – das gilt insbesondere auch
für unseren Einfluss auf unsere Mitmenschen, Verwandten, Freunde und Kinder.
08 September 2023
Hejo, spann den Wagen an
Ich starrte auf die Blätter auf meinem Tisch, ob es jetzt wohl verärgerte Kritik unseres Lehrers gebe? Und wo war ich gedanklich, ach ja, dieser Hejo wollte mir nicht aus dem Kopf. Ich unterdrückte den Impuls, aufzuzeigen und meinem Lehrer die Frage nach dieser merkwürdigen Figur zu stellen. Und das schien auch gut, denn der schwenkte begeistert sein Liederheft und wies uns gestikulierend an, einen mir unverständlichen Text über einen betrunkenen Seemann zu singen. Die englische Botschaft des Liedchens verstand ich nicht, aber im Refrain war immer von Way-hay die Rede, vielleicht gab es eine Verbindung zu Hejo?
01 September 2023
Sommer 2023 (6/6): Wasserbob
Und eine dreiviertel Stunde später ist es dann soweit. In einem engen Kanal schaukelt ein Gefährt, das man Wasserbob nennt. Es sieht etwa so aus wie ein aufgeschnittener Baumstamm aus Plastik, will sagen BASF lässt grüßen In der Mitte ist eine Planke einmontiert, auf die man sich setzen kann, aber nicht alleine, sondern zu viert.
25 August 2023
Sommer 2023 (5/6): Frühstücks-Krokodile und Tanz-Katzen
Sommer 2023 - die fünfte Woche der hessischen Sommerferien geht zu Ende.
Die Frühstückszeit ist vorbei, langsam füllen sich die Liegen rund um den Pool. Es gibt reichlich Möglichkeiten, alle sind mehr oder weniger gleichwertig, entsprechend sehr entspannte Platzwahl. Beim Auspacken meiner Utensilien und dem Eincremen schaue ich einem anderen Paar zu, das sich Liegen im hinteren Bereich zu Recht machen. Recht umständlich, geradezu schwerfällig wie ein großes ungelenkes Tier entleeren sie ihre Tasche und verteilen Handtuch, Cremeflaschen, Sonnenbrillen und Bücher über Tisch und Liegen. Sie hat ein farbloses Strandkleidchen über dem Bikini an, das in keinerlei Kontrast zu ihren ergrauenden Haaren steht. Wie ein Krokodil watschelt sie um die Liege herum, stubst mal den einen, mal den anderen Gegenstand an seinen Platz. Dann schließlich gleitet sie nahezu synchron zu ihrem Partner auf die Liege und vertieft sich in ein Buch, das sie sich auf ihrem Kindle mitgebracht hat.
Stundenlang liegt das menschliche Reptil unter dem Sonnenschirm, Dank e-Paper nahezu bewegungslos nimmt sie das Buch in sich auf. Nicht einmal die träge Bewegung ihres Mannes scheint sie wahrzunehmen, der sich zwischendurch einige Zeit im Pool abkühlt. Die erste bemerkenswerte Bewegung kommt erst auf, als es auf die Mittagszeit zugeht. Sie legt das kleine Gerät zur Seite, prüft ihre Haut auf möglichen Sonnenbrand, oder will sie kontrollieren, ob der Bikini noch richtig sitzt, richtet sich auf und sitzt da wie ein aufmerksamer Vogel, der seinen Hals reckt und aus dieser Perspektive die Umwelt wahrnimmt.
Hoch aufgerichtet, eben scheint sie sich gedanklich vom Buch zu lösen und bestimmt kommt jetzt auch der Hunger in ihr Bewusstsein. Gerade spricht sie ihren Mann an, der nickt und sagt irgendetwas für mich Unverständliches, reckt nun ebenfalls den Hals. Als ob sie den Eindruck einer Schwanenfamilie noch verstärken wollten, legen sie sich jetzt weiße Handtücher um den Oberkörper und machen Anstalten, zur Poolbar aufzubrechen. Ein wenig tapsig durch die Mittagshitze und möglicherweise auch durch den Wechsel von der horizontalen Position zum aufrechten Gang schlurfen sie zum nächstgelegenen Tisch.
Umhüllt von den Handtüchern und jeder eine schwarze Golfmütze auf dem Kopf, sitzen da jetzt zwei Pinguine, studieren die Speisekarte und nippen vorerst an ihren Wassergläsern. Ein ruhiges Gespräch kommt in Gang, ich könnte mir vorstellen, dass sie sich über ihre Menüwahl austauschen. In mein eigenes Buch vertieft bekomme ich die Mahlzeit der beiden Watscheltiere nicht mit, auch den abschließenden Mocca registriere ich nicht. Erst als sie aufstehen, diesmal schon ein wenig lebhafter, die Handtücher im Gehen langsam abstreifen und an ihrer Liege angekommen in den Modus eines Vierbeiners wechseln, fällt mir auf, dass sie sich recht geschmeidig bewegen.
Pünktlich zum Kaffeetrinken verliere ich sie endgültig aus den Augen. Sei es, dass sie zum Strand gelaufen sind, sei es, dass sie sich auf das Zimmer verzogen haben. Erst zum Abendessen tauchen sie wieder auf, sie mit Flipflops unter einem Kleid mit einem Batik-Design, er mit Hawaiihemd über einer karierten Hose. Hat sich ein Künstler hier mit Pinsel und Farbe an zwei Zebras zu schaffen gemacht oder stehen die kräftigen Farben in Korrespondenz zu den festen Schritten, mit denen sie das Buffet abmarschieren?
Weiter passiert nichts Bemerkenswertes, doch die echte Überraschung ergibt sich eine Stunde später, als im Nachgang zum Dinner eine Sängerin in den Raum kommt, Playback-Musik anschaltet und tanzbare Melodien ertönen. Alle Ruhe, Gemütlichkeit, ja geradezu Trägheit ist wie weggewischt, im Mann scheint John Travolta zum Leben zu erwachen, sie streift sich die Flipflops aus. Die nackten Füße berühren die Tanzfläche als wären sie noch nie irgendwo anders gewesen. Ganz bestimmt hätte ich dieser grauen Maus nicht mal ansatzweise diesen rollenden Hüftschwung, diese weichen und doch gezielt gesetzten Schritte, zugetraut.
Wie Raubkatzen schleichen sie umeinander herum, es wirkt wie ein Vorspiel, das in Discofox mündet und die mäßig beleuchtete Tanzfläche in einen Hexenkessel verwandelt. Dieser lendenlahme Mann mit Aussicht auf den Ruhestand rockt mit seiner Lady den Laden, zeigt die Power, die in ihm steckt. Da ist nichts vom Produzieren, nein, die Beiden tanzen einfach voller Leidenschaft, wie eine zweite bis dahin verborgene Seite ihrer Art und ihrer Körper.
Auch andere Gäste sehe ich staunen, manche sogar Beifall klatschen, es geht ihnen vermutlich wie mir, dass wir einfach nur überrascht sind von dieser nicht erwarteten Vorstellung. Die kriechenden Frühstücks-Krokodile sind zu dahineilenden Tanz-Katzen geworden.