03 Mai 2025

Nerds Diary: Ich muss dich mal unterbrechen (S2/F4)

Ich muss dich mal unterbrechen (S2/F4)

Nerds Diary: Ich muss dich mal unterbrechen (S2/F4)
„Ich muss dich mal unterbrechen.“ Ich bin mitten in einer Videokonferenz. Die Kollegen schauen sehr aufmerksam auf ihre Bildschirme. Sie hat ihren Kopf zur Tür hereingestreckt, jetzt steht sie hinter mir im Zimmer. Der Blumen-BH steht ihr gut, auch die Jeans sitzt wie angegossen. Ich mache mich vor der Kamera breit und suche hektisch den Knopf, um den Hintergrund unscharf zu machen.

„Wann hast du mal Zeit für eine Pause, ich koche gerade Kaffee.“ Mikro aus. „Bist du wahnsinnig? Hier in Unterwäsche aufzutauchen?“ – „Ich habe doch eine normale Hose an.“ – „Und der BH?“ – „Was ist damit, gefällt er dir nicht?“ – „Aber meine Kollegen…“ – „Gefällt er denen nicht? Soll ich ihn ausziehen?“ Meine Stimme wird leicht schrill: „Nein! Und jetzt raus.“

Mikro wieder an. Die anderen tun so, als ob nichts gewesen wäre. Ich schaue mich um, aber die Tür ist zu und bleibt zu. Nach der Besprechung noch den Folgetermin buchen, eine E-Mail schreiben. Dann aufstehen, zur Küche.

Ungerührt sitzt du da, diesmal ohne BH, in ein Buch vertieft. „Magst du dir was anziehen?“ – „Nein, warum?“ – „Ich dachte nur, es sieht irgendwie angezogener aus.“ – „Warum anziehen, was ich gleich wieder ausziehe?“ - „Verstehe ich nicht.“ – „Du willst meinen Busen doch ohne BH streicheln.“ – „Nein, hatte ich nicht geplant.“ Sie springt auf, kommt auf mich zu, schnappt sich meine Hände.

„Ich wollte nur einen Kaffee trinken.“ – „Kann warten. Du bist wieder mal nicht im Hier-und-jetzt.“ Sie lässt meine Hände los und legt ihre Hände auf meine Augen. „Entspann dich und komm wieder in dir an.“ Tiefes Durchatmen. Mit geschlossenen Augen fühle ich, wie sie sich an mich drückt.

Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich den Küchentisch mit Kaffeetassen, den Mandarinenkuchen und notdürftig zusammengefegten Zucker auf dem Boden. „Alles vorbereitet für die große Entspannung.“ – „Ich habe jetzt gerade keine Zeit, gleich ist die nächste Sitzung.“ – „So wirst du nie Zeit haben. Zeit ist da, du musst sie dir nehmen.“ – „Das sagt sich leicht.“ – „Das geht auch ganz leicht, ich helfe dir dabei.“

Es ist meine dritte Tasse Kaffee und das zweite Stück Kuchen. Sie hat ein T-Shirt angezogen, läuft mit langsamen Schritten um den Tisch herum. An der Stelle mit dem verstreuten Zucker knirscht es jedes Mal. „Ommm.“ Hypnotisierend folge ich ihr erst mit den Augen, dann nur noch mit den Ohren. Sie bleibt hinter mir stehen. „Wie spät ist es?“ – „Keine Ahnung.“ – „Das ist gut, die richtige Antwort. Du hast losgelassen.“

Durch das Loslassen habe ich die zweite Sitzung am Nachmittag komplett verpasst.

[Das gibt es seit 14.02.25 als kleine Serie jede Woche]
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