Es duftet (S2/F3)
Es duftet nach Mittagessen. Irgendwas mit Knoblauch. „Sag mal, musst du nicht arbeiten?“ – „Ich arbeite doch.“ – „Ich meine nicht das Mittagessen. Reguläre Arbeit.“ – „Ist das keine reguläre Arbeit?“ - „Doch, schon, ich meine zum Geldverdienen.“ Sie schaut mich an. „Du verdienst doch.“
Auf dem Küchentisch stehen Spaghetti mit einer Tomatensauce. „Aber nicht nur Pasta, auch Salat.“ Zusätzlich hat sie auch Fencheltee importiert, nach zaghaftem Blick durch die Küche scheint es diesmal abgesehen von einer heruntergefallenen Tomate keine weiteren Pannen gegeben zu haben.
„Essen ist ein Erlebnis, nicht nur Nahrungsaufnahme.“ Sie wickelt eine Spaghetti auf ihre Gabel, saugt das eine Ende in den Mund und streckt mir die Gabel entgegen. „Das ist ja Kinderkram, jeder hat seine eigene Gabel.“ Im nächsten Moment habe ich ihre Gabel im Mund und ihr Mund kommt verdächtig schnell näher.
Tomatig verschmiert legen sich ihre Lippen auf meine. „War doch gar nicht schlimm. Also, das mit der einen Gabel meine ich.“ Sie nimmt Anlauf zu einer Wiederholung, ich stopfe mir ganz schnell eine Portion Spaghetti in den Mund. Da passt ihre Gabel nicht dazu. Sie passt dann doch, wieder ein Tomatenkuss.
Sie kommt um den Tisch herum, setzt sich auf eins meiner Beine, schnappt sich mit den Händen meine Wangen und zieht sie nach oben. „Mensch, lach mal. Tomaten machen glücklich.“ Während sie mir die Nase zuhält kommt schon die nächste Gabel mit Essen auf mich zu. „Das geht jetzt so weiter, bis du endlich mal lachst.“ Ein wenig Tomatensauce tropft auf meine Jeans und hinterlässt dort einen intensiv roten Fleck.
„Das war das beste Mittagessen, das du heute bekommen konntest.“ – „Es war gut.“ – „Du bist Nerd, denk immer dran. Nur nicht überschwänglich werden.“ Kurze Pause. „Habe ich da gerade das Zucken von Lachen gesehen? Bitte lach jetzt nicht. Denk auch nicht an irgendwas Lustiges.“
Sie prustet los, lacht und lacht, grundlos, aber mitreißend und gibt keine Ruhe, bis ich auch ganz leise kichere. „Und jetzt noch ein Lied. O sole mio.“ Wir kennen den Text nicht, singen irgendwas Unverständliches, was so was wie italienisch sein könnte. Sie leitet noch mal eine Lacheinheit ein. Dann das Ganze mit Schenkelklopfen, erst auf den eigenen Beinen, dann auf den Beinen des anderen.
Nach verschiedenen Liedern und gegenseitigem Abklopfen sitze ich wieder am Computer. Verspätet zum ersten Termin am Nachmittag kann ich schnell wieder aufholen und denke an die ganzen Albernheiten vorhin. Fast könnte es mir gefallen.
[Das gibt es seit 14.02.25 als kleine Serie jede Woche]
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