30 Mai 2025

Nerds Diary: Der Tag startet regnerisch (S2/F8)

 Der Tag startet regnerisch (S2/F8)

Der Tag startet regnerisch (S2/F8)
Der Tag startet regnerisch. Wasser läuft die Scheibe herunter, wir haben gar keine Lust, das warme Bett zu verlassen. Noch im neuen Schlafanzug gehe ich zum Arbeitszimmer rüber, starte den Computer und ziehe weiter ins Bad.

„Ich habe dir eine Einkaufsliste geschrieben.“ – „Essen ist noch da. Getränke auch.“ – „Die Zahnbürste für mich.“ Ich möchte die Diskussion von gestern Abend vermeiden, „Brauchst du sonst noch was?“ – „Ja, Danke. Du kannst noch Bodylotion mitbringen.“ – „Das glitschige Gefühl auf dem Rücken mag ich gar nicht.“ – „Am besten ‚reichhaltig‘. Dann sind da pflegende Sachen drin, die den ganzen Tag halten.“ – „Hab ich befürchtet.“

Der bedeckte Morgen ist in einen Dauerregen übergegangen. „Kein Grund, nur zu Hause zu hocken.“ – „Ich gehe jetzt nicht raus. Der Einkauf kann warten.“ – „Wer spricht denn von Einkauf?“ – „Was dann?“ – „Joggen.“ – „Joggen im strömenden Regen? Sicher nicht!“

Nach ein bisschen Suchen habe ich die Joggingschuhe und die zugehörige Kleidung gefunden. Noch schnell ein Glas Wasser, dann mache ich mich auf den Weg. Treppe runter, zum Park rüber, ein Blick auf die Uhr, langsam falle ich in Trab.

Mit kurzen Unterbrechungen laufe ich tatsächlich eine Stunde durch die Gegend, der Regen nimmt zwischendurch ab, dann aber auch wieder zu. Als ich auf das Haus zuhalte bin ich praktisch komplett durchgenässt, das Wasser läuft auch langsam in die Schuhe.

Ich schließe die Wohnungstür auf, ein Geruch von Salbei schlägt mir entgegen. Sie sitzt in der Badewanne, eine deutliche Schicht von Schaum lässt vermuten, woher der Salbeigeruch kommt. „Ist dir kalt?“ – „Kann man wohl sagen.“ – „Komm rein. Hier ist wunderbar heiß.“

Ich schwanke zwischen verlockender Aufwärmung und peinlicher Badeaktion. Sie errät meine Gedanken und „Jetzt komm schon, ich schau dir nichts weg.“ Nach kurzem Zögern ziehe ich die Schuhe aus, entleere das Wasser ins Waschbecken, wringe auch Hose und Laufshirt aus.

„Soll ich dir helfen?“ – „Ich komme schon zu recht.“ Socken und Unterhose aus und ganz schnell ins Wasser, unter die schützende Schaumschicht. „Und? Tut das nicht gut? Setz dir mal eine Schaumkrone auf. Du bist jetzt ein Königs-Nerd.“

Sie beugt sich vor, fischt vom Schaum und pappt ihn mir auf die Haare. „Das reicht nicht, wir brauchen mehr Schaum.“ Pause. „Du hast doch Strohhalme.“ Tropfnass mit Badehandtuch laufe ich in die Küche, hinterlasse nasse Fußspuren auf dem Boden und tauche ganz schnell wieder in die Wanne. Jeder bekommt eine Handvoll Halme und pustet aus Leibeskräften in das Wasser.

Der Schaum nimmt zu, ein ganzes Gebirge entsteht, wir pusten und pusten, bis auch der Rand der Wanne, dann der Boden davor voll ist. Ich habe eine riesige Schaumkrone, sie einen mächtigen Schaumbart, selbst beim Aufstehen sind wir eingehüllt in die weiße Pracht.

Mit Schwung entleert sie den Rest meines teuren Badezusatzes in die Wanne „damit es sich lohnt“ und geht wieder auf Tauchstation. Ich höre aus den Schaummengen nur das Blubbern von Dutzenden Halmen, das Aufsteigen weiterer Berge und dann fühle ich ein U-Boot, das sich an meinen Beinen zu schaffen macht.

Das Ablassen des Wassers war ziemlich einfach, aber trotzdem ist das Badezimmer noch voller Schaum, der Boden ist glitschig, nur in der Wanne können wir mit der Brause ein wenig Herr der Lage werden. „Ist doch egal, das geht von alleine weg. Jetzt trocknen wir uns erst mal ab und machen es uns bei einem Rotwein gemütlich.“ – „Den Boden müssen wir schon trockenlegen, sonst legt sich noch einer von uns hin.“

Sie ist einverstanden, ich darf den Boden wischen und auch die Wasserspuren in die anderen Zimmer entfernen. Als Bedingung muss ich sie abtrocknen und ihr schon mal ein weiches Lager auf dem Sofa vorbereiten.

[Das gibt es seit 14.02.25 als kleine Serie jede Woche]

23 Mai 2025

Nerds Diary: Gut gemacht (S2/F7)

Gut gemacht (S2/F7)

Nerds Diary: Gut gemacht
„Gut gemacht!“ Wir sitzen vor dem Ofen und schauen dem Gemüse beim Überbacken zu. „Lass uns die Zeit mit was Sinnvollem verbringen.“ – „Was denn?“ – „Wir üben jonglieren.“ – „Ich habe keine Jonglierbälle“ – „Egal, wir nehmen irgendwas anderes.“

Wir entscheiden uns für erste Versuche mit festen Tomaten, die noch in ausreichender Zahl auf der Arbeitsplatte liegen. Während der Auflauf im Ofen leise summend immer knuspriger wird, steigern wir langsam unsere Jonglierschwierigkeit. Die Tomaten fliegen immer höher „Nicht das Fangen ist wichtig, sondern das Werfen. Schau mal.“

Leider wirft sie die Tomate nicht so gut, oder das Fangen auf meiner Seite geht daneben, jedenfalls streift sie mein Hemd, meine Hose und landet dann trotz reflexartigem Fangversuch auf dem Boden. „Macht nichts, wir haben noch genug. Und es motiviert ungemein beim Üben, wenn man nichts fallenlassen will.“

Die Tomaten sind verbraucht, am Schluss klappt das Jonglieren ganz gut, aber der Küchenboden gleicht eher einer Tomatenrutschbahn. „Das machen wir nach dem Mittagessen wieder sauber. Jetzt erst mal Gemüseauflauf.“ 

Es schmeckt wirklich gut, die obligatorische Flasche Rotwein ergänzt prima. „Es hat sich gelohnt, dass du im Internet mal nach Wein vom Rewe recherchiert hast. Was spielen wir heute?“ – „Wir müssen nichts spielen, war doch ein langer Tag heute, wir gehen ins Bett.“

Die zufällig aufgetauchten Spielkarten liegen auf dem Wohnzimmertisch. „Teil mal aus, wir spielen Siebzehn-und-vier.“  – „Das haben wir als Kinder gespielt.“ – „Jeder bekommt 6 Karten. Wir spielen darum, wer was aufräumen muss.“

Zu meiner Überraschung verliert sie in der ersten Runde. „Okay, ich mache den Tisch sauber.“ – „Ist das alles?“ – „Ja, wir spielen noch ein paar Runden.“ Wie erwartet geht es für mich schlecht weiter, ich verliere: „Oh, da hast du aber Pech gehabt, der Boden ist ziemlich viel Arbeit.“ – „Warum ist denn jetzt der Boden dran?“

Auch das Polieren der Gläser (sie), das Schrubben der Küchengeräte (ich), das Spülen von Koch- und Essgeschirr (ich) und das Nachfüllen des Rotweins (sie) werden fair verteilt. Wir machen uns an die Arbeit. Während ich mit Putzeimer und Bodentuch wieder langsam Herr der Lage werde, ist sie nach Erledigung ihrer Sachen im Wohnzimmer verschwunden.

Ich höre laute Musik zwischen ACDC und Nickelback, dazwischen klirrt es aus Richtung Badezimmer. „Bist du noch nicht fertig? Du wolltest doch ins Bett gehen.“ Ich laufe ins Wohnzimmer, mache die Musik leiser und tropfe dabei mit meinem Feudel voller Tomatenreste den Boden voll.

Sie ist nirgendwo zu sehen, schließlich entdecke ich sie im Schlafzimmer. „Warum liegst du in meinem Bett?“ – „Du hast doch gesagt, dass wir ins Bett gehen.“ – „So war das nicht gemeint.“ – „Und wie war es gemeint?“ – „Jedenfalls nicht so.“

„Hast du mir eigentlich inzwischen eine Zahnbürste gekauft?“ – „Du hast doch eine eigene Wohnung, mit Bett und Zahnbürste.“ – „Hier ist es kuscheliger, findest du nicht auch?“ – „Ja, deshalb wohne ich ja auch hier.“ – „Siehst du.“ – „Was?“ Diskussion, warum Nerds so abweisend sind.

Langsam wird es hell, ich habe mein Kissen im Arm, die Bettdecke ist fast komplett weggezogen, hinter meinem Rücken ist Bewegung. Ich fühle eine warme Hand, die sich auf meine Hüfte legt, leicht kribbelt und dann in ein Kitzeln übergeht. Mit einer Bewegung schiebe ich mir das Kissen wieder unter den Kopf und drehe mich zu ihr herum.

[Das gibt es seit 14.02.25 als kleine Serie jede Woche]

16 Mai 2025

Nerds Diary: Mir ist noch was eingefallen (S2/F6)

Mir ist noch was eingefallen (S2/F6)

Nerds Diary: Mir ist noch was eingefallen
„Mir ist noch was eingefallen.“ Es ist früher Morgen, sie hat an meiner Tür geklingelt, immer wieder, bis ich mich endlich aus dem Bett gewälzt habe. „Aber jetzt ist erst mal Zeit für die Morgengymnastik.“

Mir ist nicht nach Morgengymnastik, und wenn überhaupt dann erst nach dem Zähneputzen. Sie willigt ein, aber „schau mal in den Spiegel, du hast doch wirklich einen Oma-Schlafanzug an.“ Ich überhöre diesen Kommentar, schlurfe rüber ins Bad und höre sie in die Küche verschwinden, wo hoffentlich gleich die Kaffeemaschine startet.

„Was ist dir noch eingefallen?“ – „Der Einkauf gestern.“ – „Ja?“ – „Wir wollten doch was für dich kaufen.“ – „Haben wir doch“ – „Ja, nein, ich meine für die Freizeit.“ Diskussion, was ich in meiner Freizeit mache. Es muss doch Hobbys geben.

„Nein, ich bin Anwendungsmanager bei einer großen Bank.“ Während der unausweichlichen Figuren rund um Berg, Kobra, Herabschauender Hund, Vorbeuge ist Gelegenheit, die Frage nach meiner Freizeitgestaltung zu beantworten.

„An-wen-dungs-manager. Aber doch nicht den ganzen Tag. Das ist doch keine Herausforderung. Es gibt doch noch mehr in deinem Leben.“ – „Eigentlich nicht.“ – „Wie wäre es mit Kochen?“ – „Kann ich schon.“ – „Meinst du Pizza in der Mikrowelle warmmachen?“

Nachdem wir einen Single-Kochkurs herausgesucht haben, bei dem wir uns getrennt anmelden können, darf ich an den Computer. Es sieht alles ganz gut aus, keine Fehlermeldungen über Nacht, auch der Morgenjob ist problemlos durchgelaufen. Noch eine kurze Vorbereitung für ein Statusmeeting.

„Was machen wir heute Mittag?“ – „Der Kochkurs beginnt doch erst in zwei Wochen.“ – „Willst du bis dahin nichts essen?“ Der Kopf an der Tür verschwindet wieder, ich setze den Kopfhörer auf, begrüße meine Kollegen. Die Haustür schlägt zu.

Etwa eine Stunde später höre ich wieder Geräusche, sie scheinen aus dem Bad zu kommen. „Der Badezimmerschrank ist total altmodisch, halt mal fest, damit ich ihn abmontieren kann.“ – „Ich bin noch mitten in einer Sitzung.“

Wir montieren den Bausatz des neuen Schrankes, ich muss den Kollegen erzählen, dass ich mir den Magen verdorben habe und deshalb etwas länglich auf Toilette verschwinden musste. Ins Badezimmer kommt man aktuell gar nicht rein, weil da der alte Schrank, sein Inhalt, der neue Schrank, seine Verpackung und allerlei Werkzeug verteilt sind.

„Das wird so schön, nach dem Mittagessen gehe ich eine Runde joggen, vielleicht kannst du den Schrank aufhängen und einräumen.“ – „Keine Zeit. Wir müssen noch ein Deployment durchführen, die Kollegen brauchen meine Hilfe.“ – „Ach, die kriegen das schon alleine hin, wenn du in Urlaub wärst könnten sie es auch.“ – „Ich bin aber nicht in Urlaub."

Gegen Abend habe ich im Badezimmer wieder Ordnung geschafft, pünktlich zum Abendessen taucht sie wieder auf. „Macht es dir was aus, wenn ich noch schnell dusche?“ – „Konntest du das nicht bei dir machen?“ – „Ich wollte den neuen Badezimmerschrank einweihen. Und in der Zwischenzeit kannst du was Gesundes kochen. Ich habe verschiedene Gemüse eingekauft, such mal ein Rezept raus.“ 

[Das gibt es seit 14.02.25 als kleine Serie jede Woche]

09 Mai 2025

Nerds Diary: Das macht nichts (S2/F5)

Das macht nichts (S2/F5)

Nerds Diary: Das macht nichts
„Das macht nichts. Jede Sitzung kommt wieder. Wenn auch ein klein wenig anders.“ – „Heraklit.“ – „Was meinst du?“ – „Heraklit. Er soll gesagt haben, man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen. Und so ist auch jede Sitzung wieder ein klein wenig anders.“ – „War dieser Heraklit auch so ein Nerd?“

Wir räumen den Bücherberg auf, ein Einband ist vollständig zerfetzt, ein anderer lässt sich nicht mehr auftreiben. „Was sind das überhaupt für Bücher?“ – „Schau rein, wenn du willst.“ – „Alles Bestseller?“ – „Im Gegenteil. Fast nur unbekannte Sachen.“ – „Das ist doch ein Eckart von Hirschhausen. Ist der unbekannt?“ – „Ausnahmen bestätigen die Regel.“

Etwa die Hälfte ist wieder im Bücherschrank, da ist Yoga-Pause. „Bevor du wieder verschwindest. Erst Yoga.“ Wie gehabt gibt es wieder den Berg, den Baum, Vorbeuge und den herabschauenden Hund. Diesmal noch die Katze und die Kobra. Sie wiegt sich und drückt an mir herum, schlängelt mich zum Arbeitszimmer.

Die Mailbox ist voll, das sieht nach einer langen Nacht aus.

Tatsächlich läuft es ganz gut, die Kollegen haben einige meiner Aufgaben übernommen, mein Eingangspostkorb leert sich ungewöhnlich schnell. Ein paar Todos habe ich noch, bin aber tatsächlich so entspannt, dass sie mir recht gut von der Hand gehen.

„Bist du noch am Computer?“ – „Wo sonst?“ – „Hast du gerade Amazon offen?“ – „Nein, ich arbeite für die Bank.“ – „Rück mal zu Seite, wir müssen was einkaufen.“ – „Müssen wir nicht. Ich muss noch einen Datenexport konfigurieren.“

Als erstes landet ein Schlafanzug im Einkaufswagen. „Das ist ein Oma-Schlafanzug, den du immer anhast.“ – „Das kann dir doch egal sein.“ Eine teure Kombination aus kurzer Boxerhose mit eingearbeitetem Gürtel und gestreiftem Oberteil. Der Typ auf dem Bild hat einen breiten Oberkörper und einen unübersehbaren Sixpack.

Zur Auswahl kommt noch ein weiteres Pyjama dazu, diesmal mit Mikrofaser. „Du brauchst auch etwas für die kuscheligen Stunden.“ – „Brauchte ich bisher nicht. Und der alte Schlafanzug ist eigentlich auch noch gut.“

Langsam gehen Amazon die Alternativen aus, der Einkaufswagen füllt sich. „Brauchst du noch was anderes? Das würde die Versandkosten reduzieren.“ – „Eine Gamer-Tastatur.“ – „Aber du spielst doch gar nicht.“ – „Finde ich aber cool.“

Der Einkaufswagen geht dann mit den diversen Schlafanzügen raus.

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03 Mai 2025

Nerds Diary: Ich muss dich mal unterbrechen (S2/F4)

Ich muss dich mal unterbrechen (S2/F4)

Nerds Diary: Ich muss dich mal unterbrechen (S2/F4)
„Ich muss dich mal unterbrechen.“ Ich bin mitten in einer Videokonferenz. Die Kollegen schauen sehr aufmerksam auf ihre Bildschirme. Sie hat ihren Kopf zur Tür hereingestreckt, jetzt steht sie hinter mir im Zimmer. Der Blumen-BH steht ihr gut, auch die Jeans sitzt wie angegossen. Ich mache mich vor der Kamera breit und suche hektisch den Knopf, um den Hintergrund unscharf zu machen.

„Wann hast du mal Zeit für eine Pause, ich koche gerade Kaffee.“ Mikro aus. „Bist du wahnsinnig? Hier in Unterwäsche aufzutauchen?“ – „Ich habe doch eine normale Hose an.“ – „Und der BH?“ – „Was ist damit, gefällt er dir nicht?“ – „Aber meine Kollegen…“ – „Gefällt er denen nicht? Soll ich ihn ausziehen?“ Meine Stimme wird leicht schrill: „Nein! Und jetzt raus.“

Mikro wieder an. Die anderen tun so, als ob nichts gewesen wäre. Ich schaue mich um, aber die Tür ist zu und bleibt zu. Nach der Besprechung noch den Folgetermin buchen, eine E-Mail schreiben. Dann aufstehen, zur Küche.

Ungerührt sitzt du da, diesmal ohne BH, in ein Buch vertieft. „Magst du dir was anziehen?“ – „Nein, warum?“ – „Ich dachte nur, es sieht irgendwie angezogener aus.“ – „Warum anziehen, was ich gleich wieder ausziehe?“ - „Verstehe ich nicht.“ – „Du willst meinen Busen doch ohne BH streicheln.“ – „Nein, hatte ich nicht geplant.“ Sie springt auf, kommt auf mich zu, schnappt sich meine Hände.

„Ich wollte nur einen Kaffee trinken.“ – „Kann warten. Du bist wieder mal nicht im Hier-und-jetzt.“ Sie lässt meine Hände los und legt ihre Hände auf meine Augen. „Entspann dich und komm wieder in dir an.“ Tiefes Durchatmen. Mit geschlossenen Augen fühle ich, wie sie sich an mich drückt.

Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich den Küchentisch mit Kaffeetassen, den Mandarinenkuchen und notdürftig zusammengefegten Zucker auf dem Boden. „Alles vorbereitet für die große Entspannung.“ – „Ich habe jetzt gerade keine Zeit, gleich ist die nächste Sitzung.“ – „So wirst du nie Zeit haben. Zeit ist da, du musst sie dir nehmen.“ – „Das sagt sich leicht.“ – „Das geht auch ganz leicht, ich helfe dir dabei.“

Es ist meine dritte Tasse Kaffee und das zweite Stück Kuchen. Sie hat ein T-Shirt angezogen, läuft mit langsamen Schritten um den Tisch herum. An der Stelle mit dem verstreuten Zucker knirscht es jedes Mal. „Ommm.“ Hypnotisierend folge ich ihr erst mit den Augen, dann nur noch mit den Ohren. Sie bleibt hinter mir stehen. „Wie spät ist es?“ – „Keine Ahnung.“ – „Das ist gut, die richtige Antwort. Du hast losgelassen.“

Durch das Loslassen habe ich die zweite Sitzung am Nachmittag komplett verpasst.

[Das gibt es seit 14.02.25 als kleine Serie jede Woche]
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