Die biblische Geschichte erzählt uns vom Aufstieg und Fall eines Mannes, geboren unter einfachsten Bedingungen. In seiner Einzigartigkeit gelang es ihm, Volksmengen hinter sich zu versammeln, ich stelle ihn mir als ausgesprochen charismatisch und redegewandt vor. Zusätzlich hatte er eine kleine Gruppe enger Mitstreiter – seine Jünger – und zog mit diesen durch die Lande. Auch aus heutiger Sicht also eine tolle Erfolgsgeschichte mit vielen überlieferten Geschichten, die im philosophischen Sinne zum Nachdenken anregen.
Doch irgendwann war sein Erfolg jäh zu Ende, kippte die Stimmung und Menschen, die ihm gestern noch gefolgt waren und an seinen Lippen gehangen hatten, verlangten plötzlich seine Hinrichtung. Selbst seine Vertrauten standen nicht mehr geschlossen hinter ihm, es kam zu Verleugnung und Verrat. Und trotz seiner außergewöhnlichen Art blieb ihm die Kreuzigung nicht erspart.
Nun, das wissen wir alles, haben es oft genug zu Ostern gehört. Doch leider können wir das auch um uns herum fortlaufend beobachten. Irgendeine Entwicklung verläuft ausgesprochen positiv, vielleicht der Aufbau einer Firma, die geschickte Nutzung aktueller Trends oder ganz allgemein die Vermarktung eigener Qualitäten. Vielbeachteter Spitzensportler, gefeierter Schauspieler, Bestseller-Autor. Oder viel gebuchter Software-Programmierer.
Es geht aufwärts, immer mehr Beachtung, „Follower“, Bewunderer. Doch wie bei jedem Trend ist auch hier irgendwann ein Limit erreicht. Im günstigen Fall geht der Anstieg in ein Plateau über, aber meist geht es nach Erreichen des Zenits deutlich bergab. Der bis dato so beliebte Fernsehmoderator wird langsam langweilig, der Fußballspieler ein wenig lendenlahm und der früher hochgelobte Mitarbeiter muss seinen Spitzenplatz an einen Young Professional abgeben. Nicht nur abgehalfterte Leinwand-Diven enden sehr oft nach einer unrühmlichen Alkoholsucht im Massengrab der Geschichte.
Und noch alltäglicher erlebe ich es im beruflichen und privaten Umfeld. Wer positiv auffällt, der muss automatisch auch Missgunst und Neid ertragen. Die allerdings wesentlich verdeckter daherkommen als die Feierstunden und Lobeshymnen. Doch sobald ein Fehltritt erfolgt oder auch nur das Schutzschild der Sponsoren und Mentoren wegfällt, gewinnt die Kritik die Oberhand und ein Sturz ist unvermeidlich. In vielen Fällen reicht sogar ein ganz normaler Trend, der einem da in die Quere kommt. Wer seinen Aufstieg im Wesentlichen dem attraktiven Äußeren verdankt, der wird typischerweise früher oder später vom Alterungsprozess attackiert. Die Mode wechselt, der Geschmack ändert sich.
Wer hat nicht schon mal erlebt, dass er bei irgendeiner Auseinandersetzung plötzlich alleine da stand. Die sonst wohlgesonnen Nachbarn schauen unbeteiligt in eine andere Richtung, die vertrauten Teamkollegen können sich nicht mehr so genau erinnern. Ein Fall von Verleugnung und im Sinne der in Kauf genommenen negativen Folgen für den Betroffenen eine kleine Kreuzigung.
Aber ein Blick in die Bibel macht Hoffnung. Auf den Karfreitag folgt das Osterfest mit der Feier der Auferstehung. Wenn wir das sinnbildlich verstehen, dann ist zwar diese Schlacht verloren, diese Karriere tot, aber der Körper lebt weiter und wir können uns von dem Schlag erholen und einen neuen Aufstieg beginnen.
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