Ich glaube, es war kurz hinter Wuppertal, als mich ein weißer Golf überholte. Ich achtete nicht weiter darauf, war es doch ein ganz gewöhnlicher Vorgang, wie ich ihn schon tausende Male erlebt hatte. Ein paar Kilometer später, vielleicht so bei Hagen, war das Fahrzeug wieder vor mir, fuhr langsamer als ich und ohne weiter darüber nachzudenken überholte ich nun meinerseits. Doch, es war der Golf von vorhin, ich erinnerte mich an den Aufkleber auf der Heckscheibe. Ein kurzer Blick hinüber, eine junge Frau am Steuer; weiter gingen meine Gedanken nicht, wie gesagt, alles ganz gewöhnlich.
Am Westhofener Kreuz kam das weiße Auto dann wieder von hinten angefahren, diesmal deutlich schneller als ich, die Fahrerin fuhr auf die linke Spur, aber dann wurde sie wieder langsamer, schaute zu mir herüber und zwinkerte mir freundlich zu. Naja, so kann man es auch machen, dachte ich und behielt meine Geschwindigkeit bei. Insgesamt waren es sicher ein dutzend Mal, dass wir uns gegenseitig überholten, das Spiel wurde immer fröhlicher und als sich dann schließlich auf Höhe von Münster unsere Wege trennten, fand ich das schon ein wenig bedauerlich.
Nun könnte das das Ende der Geschichte sein, aber ich hatte mir das Autokennzeichen gemerkt und nahm mir am nächsten Tag ein Herz, lief zur Studentenzeitung und gab eine Anzeige auf mit netten Grüßen an die Fahrerin weißer Golf, Kennzeichen soundso. Nicht, dass ich wirklich damit gerechnet hatte, aber tatsächlich kam in der nächsten Woche nach Erscheinen der neuesten Ausgabe ein Anruf und Nicole verabredete sich mit mir. Ein wenig Blinddate-Charakter, aber wir kamen schnell zu einer lebhaften Unterhaltung und waren uns einig, dass wir uns noch mal treffen sollten.
So ging es munter weiter, es war wie ein Urlaub zu Hause, die ganzen Semesterferien hindurch machten wir mal eine Radtour, gingen ins Kino, wanderten, badeten und trafen uns mit allerlei Freunden. Tolle Nächte folgten auf erlebnisreiche Tage, die Zeit verging wie im Flug auf einer rosa Wolke. Behutsam ließen wir aber beide allzu weite Zukunftsaussichten außen vor, wir lebten einfach jetzt und hier.
So war es dann eine Mischung aus Trauer und Erleichterung, als sie mir zum Ende des Sommers erzählte, dass sie den Studienort wechseln werde und in Kürze umzöge. Wir heulten beide, drückten uns noch einmal ganz fest und versicherten uns, dass wir uns vermutlich nie wiedersehen, aber auch nie vergessen würden. Und so war es auch.
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