26 August 2022

Völlig durchgeschüttelter Tag

Ich wünsche einen muten Gorgen.

Gerade bin ich aus dem Gett bestiegen, basche mich im Wad und zutze mir die Pähne.

Nun geschwind in die Kusch-Dabine, das Hadebandtuch nicht vergessen. Wie schön das Rasser über keinen Mörper wieselt, das weiße Hasser tut gut auf heiner Maut.

Nun aber wertig ferden. Noch schnell Lodybotion und Gaarhel, Crautheme im Vesicht gerteilt. Das Stühfrück wartet schon, eine Kasse Taffee weckt die güten Meister.

Wo ist bloß die Tarbeitsasche, Antel man und rügig zaus, die Beisenhahn wartet nicht. Zurze Keit später am Teibschrisch lese ich die Rachnichten, feletoniere mit Kollegen und freue mich auf die Pittagsmause.

Heute gibt es Rohlkouladen, Partoffelküree und Satenbroße. Mein Gittagsmast erzählt von Spotormort auf dem Rürburgning. Er selbst sei Robby-Hennfahrer. Rein Mespekt, ich staune über seine Beizeitfreschäftigung.

Der Machnittag kommt, die Bailmox ist noch voll, aber ich habe leine Kust mehr. Also schnell noch eine Spebrechung, dann juchhei zum Hahnbof. Kaum hadeim ziehe ich Hozug und Anse aus, ein Was Glein zur Teier des Fages.

Eine mute Galzeit mit freiner Mau, alle Keuigneiten und dann minke ich süde auf das Zettbeug, schufrieden zafe ich ein

Ich wünsche nute Gacht.

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19 August 2022

Warten

Er fährt morgens in den Betrieb, während sie zu Hause arbeitet. Sie leben auch sonst in einer kleinen Wohnung. Am Stadtrand. Mittags kommt er mit dem kleinen Auto nach Hause. Er stellt das Auto auf den Parkplatz gegenüber. Wenn er dann im Flur steht, weiß er, die Hälfte vom Tag ist geschafft.

Sie ist bis zum Mittag in der Wohnung, in der Küche und kocht. Um zwanzig nach zwölf kommt er jeden Tag, das weiß sie. Und sie weiß auch, dass er dann die Hälfte des Tages geschafft hat.

Nach dem Essen fährt er dann wieder zur Arbeit. Dort bleibt er bis zum Nachmittag. Am Abend ist Fernsehen. Zum Fernsehen hört sie auch auf. Die Familie sitzt dann vor dem Fernseher und wartet. Sie wartet auf das Ende der Nachrichten, sie wartet auf den Krimi, sie wartet auf den Sendeschluss.

Am Morgen geht er zur Arbeit, sie bleibt zu Hause. Man hört, sie ist gebildet. Man sagt, sie ist fleißig. Man weiß, sie arbeitet gut.

Viel später kommt er zum letzten Mal nach Hause und er sagt „Tschüss“ zu ihr. Dann weiß sie, dass sie morgens im Haus arbeiten muss und dass er in der Firma arbeitet. Aber er kommt nicht um zwanzig nach zwölf.

Am Abend sitzt sie wieder vor dem Fernseher und wartet auf das Ende der Nachrichten, auf den Anfang des Krimis. Sie wartet auf -

12 August 2022

Neunundzwanzig Erinnerungen

Beim Aufräumen geriet mir eine kleine Sammlung Karteikarten in die Hand. Es dauerte einen Moment, bis mir wieder einfiel, was es mit den Namen auf sich hatte, jeweils ergänzt um Adresse, Telefonnummer und Geburtstag.

Angelika B. Deine Leidenschaft für aromatisierten Tee, besonders mit Vanille und der Kandiszucker, der sich langsam auflöste, während wir klönten oder knutschten.

Birgit Z. Du hast mir immer von Fernsehserien erzählt. Was dich da so bewegt hat und was die verschiedenen Figuren hätten machen sollen.

Birgit D. Es war unbeschreiblich sexy, beim Tanzen deine Beine unter dem Petticoat zu sehen.

Martina E. Uno, Canasta, Mau-mau und alle anderen Kartenspiele, die man zu zweit so spielen kann. Ohne müde zu werden.

Nicole F. Wir haben uns im Schwimmbad kennengelernt. Auf dem Sprungbrett hast du eine tolle Figur gemacht, beim Federball auch.

Claudia G. Von dir habe ich Handarbeiten gelernt. Meisterin der Stricknadel, aber auch geschickt mit Schnittmustern und der Nähmaschine.

Barbara G. Niemand war so lustig wie du. Wie eine wandelnde Witzdatenbank konntest du immer wieder einen neuen Lacher raushauen.

Heike H. Große Liebe, viele Schmetterlinge, viele Träume, viele Tränen.

Regina H. So vernünftig, alles geplant, die Zukunft ganz klar vor Augen. Und immer unzufrieden mit mir, der ich den Augenblick genießen wollte.

Monika K. Diese heimlichen Badeorgien, wenn Deine Eltern nicht da waren. Mit Schwimmkerzen, Musik und dabei ganz züchtig mit Badehose und Bikini.

Dagmar K. Allein schon wie du Klavier spielen konntest war wundervoll. Ich dabei mit dem Akkordeon und deine kleine Schwester wollte unbedingt dazu singen.

Alexandra K. Ich bin einfach in der Jugendherberge durchs Fenster in den Mädchentrakt und das hat mir bei dir zum Lohn einen fetten Kuss eingebracht.

Simone H. Die schönste Brieffreundschaft meines Lebens mit parfümiertem Papier. Wir haben uns heiß geschrieben und in eine irreale Liebe gesteigert.

Simone L. Fünf Jahre älter als ich – das hast du mich immer spüren lassen. Du hattest ja so viel mehr Erfahrung und hattest schon alles gesehen und erlebt.

Klaudia M. Lange Fahrradausflüge, Picknick unter Bäumen und immer war deine beste Freundin in der Nähe.

Sandra M. Der unbeschreiblich süße Hund gehörte eigentlich deinem Bruder, aber der kümmerte sich nicht um ihn.

Anja O. Ein Überbleibsel aus der Grundschule. Unsere zunehmend sexuelle Beziehung hatte etwas von „Tausendmal berührt“.

Marina P. Es war nicht nur der große Busen, der uns Jungs verrückt machte. Heimlich durften wir ihn auch mal streicheln und du hast dabei gelacht.

Petra P. Ich war total verknallt, das wusstest du, aber mehr als eine Einladung zu einer Limo war leider nicht drin.

Sabine Ö. Wir wohnten einfach zu weit voneinander entfernt; Aber die seltenen Treffen mit langer Zugfahrt waren wie Traumwolken am Himmel eines Teenagers.

Angela S. Stunden und Tage haben wir über deine Probleme gesprochen. Eine seltene Kombination aus depressiver Traurigkeit und Lebenslust.

Nicole R. Vermutlich hast du mich mit einem Pferd verwechselt, denn eigentlich hast du den ganzen Tag im Stall verbracht und fühltest dich nur von diesen Vierbeinern verstanden.

Ursula S. Diese romantischen Spaziergänge durch die Winterlandschaft, deine warme Zunge hinter kalten Lippen und das Kratzen der Wollmütze auf dem Kopf.

Ute S. Mathematik bei Mädchen, das geht durchaus. Wenn du in deinen Zahlenbergen, Reihen und Folgen vertieft warst, schien die Welt um dich still zu stehen.

Britta S. Allways riding on the edge of desaster – Deine Ideen für Aktivitäten hatten nahezu immer den Charakter von Mutproben.

Adriana S. Danke für alles, was du mir über den weiblichen Körper beigebracht hast. Ganz ohne Scheu, eine bemerkenswerte Balance zwischen sachlicher Aufklärung und Erotik.

Petra T. Unser gemeinsamer Weg hat sich irgendwo zwischen großer Schwester und großer Liebe verloren.

Silke Ü. Deine Kochkünste, dieser Einfallsreichtum am Herd. Wie man aus wenigen einfachen Zutaten in kurzer Zeit eine Köstlichkeit zaubern kann – einzigartig.

Silke W. Von Brieffreundschaft über Kennenlernen und Feiern mit deinen Freunden habe ich mein Herz zwar nicht an dich, aber an das Münsterland verloren.

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05 August 2022

Überhol-Flirt

Ich glaube, es war kurz hinter Wuppertal, als mich ein weißer Golf überholte. Ich achtete nicht weiter darauf, war es doch ein ganz gewöhnlicher Vorgang, wie ich ihn schon tausende Male erlebt hatte. Ein paar Kilometer später, vielleicht so bei Hagen, war das Fahrzeug wieder vor mir, fuhr langsamer als ich und ohne weiter darüber nachzudenken überholte ich nun meinerseits. Doch, es war der Golf von vorhin, ich erinnerte mich an den Aufkleber auf der Heckscheibe. Ein kurzer Blick hinüber, eine junge Frau am Steuer; weiter gingen meine Gedanken nicht, wie gesagt, alles ganz gewöhnlich.

Am Westhofener Kreuz kam das weiße Auto dann wieder von hinten angefahren, diesmal deutlich schneller als ich, die Fahrerin fuhr auf die linke Spur, aber dann wurde sie wieder langsamer, schaute zu mir herüber und zwinkerte mir freundlich zu. Naja, so kann man es auch machen, dachte ich und behielt meine Geschwindigkeit bei. Insgesamt waren es sicher ein dutzend Mal, dass wir uns gegenseitig überholten, das Spiel wurde immer fröhlicher und als sich dann schließlich auf Höhe von Münster unsere Wege trennten, fand ich das schon ein wenig bedauerlich.


Nun könnte das das Ende der Geschichte sein, aber ich hatte mir das Autokennzeichen gemerkt und nahm mir am nächsten Tag ein Herz, lief zur Studentenzeitung und gab eine Anzeige auf mit netten Grüßen an die Fahrerin weißer Golf, Kennzeichen soundso. Nicht, dass ich wirklich damit gerechnet hatte, aber tatsächlich kam in der nächsten Woche nach Erscheinen der neuesten Ausgabe ein Anruf und Nicole verabredete sich mit mir. Ein wenig Blinddate-Charakter, aber wir kamen schnell zu einer lebhaften Unterhaltung und waren uns einig, dass wir uns noch mal treffen sollten.

So ging es munter weiter, es war wie ein Urlaub zu Hause, die ganzen Semesterferien hindurch machten wir mal eine Radtour, gingen ins Kino, wanderten, badeten und trafen uns mit allerlei Freunden. Tolle Nächte folgten auf erlebnisreiche Tage, die Zeit verging wie im Flug auf einer rosa Wolke. Behutsam ließen wir aber beide allzu weite Zukunftsaussichten außen vor, wir lebten einfach jetzt und hier.

So war es dann eine Mischung aus Trauer und Erleichterung, als sie mir zum Ende des Sommers erzählte, dass sie den Studienort wechseln werde und in Kürze umzöge. Wir heulten beide, drückten uns noch einmal ganz fest und versicherten uns, dass wir uns vermutlich nie wiedersehen, aber auch nie vergessen würden. Und so war es auch.