Frühstück ist fertig (S2/F1)
„Frühstück ist fertig. Wo bleibst du? Walter!“ Auf dem Küchentisch steht ein Korb mit Brötchen, Marmelade, Obst und Quark. Die Kaffeemaschine blubbert leise, nur die Pfütze auf der Arbeitsfläche lässt vermuten, dass auch die Kaffeezubereitung nicht ohne Panne verlaufen ist. Ich übersehe die zerquetschten Trauben auf dem Fußboden und setze mich an den Tisch. „Jetzt sag doch mal was! So gesund hast du doch seit deiner Kindheit nicht gefrühstückt.“ – „Danke.“ Sie tritt mich fest gegen das Bein: „Ist das alles?“ – „Danke. Sieht lecker aus.“ – „Na, das ist noch ausbaufähig. Was machst du heute?“
„Ich muss arbeiten. Eigentlich müsste ich schon am Computer sitzen.“ – „Das Wort 'eigentlich' ist ein Weichmacher. Eigentlich musst du gar nicht arbeiten. Du willst es.“ – „Nein, ich muss.“ – „Quatsch, jetzt wird erst mal gefrühstückt.“ Wir sitzen da, Brötchen um Brötchen verschwindet aus dem Brotkorb, die kurze Nacht und der Rotwein sind vergessen.
„Jetzt machen wir Morgengymnastik.“ – „Ich muss jetzt wirklich arbeiten.“ – „Erst Sport. Dein Körper braucht das.“ – „Das habe ich noch nie gemacht. Wenn überhaupt, dann abends.“ – „Falsch, völlig falsch. Du musst sportlich in den Tag starten, das ist gut für Körper und Geist.“ – „Und wenn ich keine Lust habe?“
Sie muss meine Wohnung auf den Kopf gestellt haben und hat dabei auch die Isomatten entdeckt, die jetzt neben dem Bücherberg auf dem Boden liegen. Wir machen den Berg, den Baum, Vorbeuge und den herabschauenden Hund. Es macht nichts, dass dabei meine Stehlampe umfällt und die Glühbirne mit leisem Klimpern zerbricht.
Dann sitzen wir uns im Schneidersitz gegenüber, schließen die Augen und meditieren. Der Computer ist immer noch nicht eingeschaltet. Immer wenn ich die Augen öffnen will, erwischt sie mich dabei, mahnt zur Ruhe und Entspannung. „Du bist nicht im hier und jetzt.“ – „Ich bin in Gedanken schon auf der Arbeit, ich verpasse gerade mein erstes Meeting.“
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