28 April 2023

Sorry, ihr habt uns nicht mitgenommen

Ihr habt uns nicht mitgenommen
Wenn man zurückblickt auf den Grundgedanken der Demokratie. Im antiken Griechenland, mal so als Beispiel. Da saß einer in einem Fass und konnte nur hören, welche Zustimmung besonders laut war. Und das war dann die herrschende Meinung.

Da kann man verstehen, wie Demonstrationen funktionieren. Oder Streiks.

Bahnangestellte legen die Arbeit nieder. Sie wollen mehr Lohn. Und bessere Arbeitsbedingungen.

Die Zugausfälle sind zwar ärgerlich, aber diese Menschen haben guten Grund dafür.

Und Gegner der Waldrodung. Wie gut, dass sie in den Baumhäusern verharren. Bis dass die Polizei sie herunterholt.

Auch Blockupy ist schon klar. Wer mit Trillerpfeifen gegen den Kapitalismus antritt.

Wenn Greenpeace Schiffe besetzt und sich von Brücken abseilt. Die Sympathie der Bevölkerung ist ihnen gewiss. Auch wenn mal ein paar Stunden der Verkehr stillsteht.

Aber sich auf die Straße festkleben. Das versteht jetzt keiner. Sorry, liebe Aktivisten, ihr habt nichts falsch gemacht. Aber ihr habt uns nicht mitgenommen.


21 April 2023

Vergangenheit vergoldet

Vergangenheit vergoldet
Mal wieder unterwegs bei Facebook. Sehe ich dort einen alten Schulkameraden wieder. Natürlich älter geworden. Erfolgreich heute. Als Profilbild hat er ein Foto mit merklichem Goldton eingestellt. Ich denke zurück. Damals in Religion, du mein Nebenmann. Statt christlicher Werte Zeichnungen von Abarth-Sport. Autoliebhaber schon zu der Zeit.

Heute Bilder auf großer Bühne. Mikrofon am Kopf. Du bist immer noch der Spitzbube. Stets für einen Streich gut. Einfallsreich und voller Humor, nie verletzend. Wir haben den Waldlauf sabotiert. Ein wenig die Welt verbessert. Unsere Lehrer geneckt. Dabei immer den heimlichen Rückhalt des Direktors gehabt.

Was für Zeiten. In ein paar Fächern eher solala. Aber hübsche Mädchen. Und ein Dreamteam mit Piefke. Am Wochenende Bhagwan Disco. Die üblen Dinge habe ich vergessen. Vielleicht gab es sie auch einfach nicht. Dein Goldbild hat sie verschluckt.

14 April 2023

Da sind wir dabei

Heute den ganzen Tag Sport geguckt, Fußball, Snooker, Darts, Rennsport und Pferde. Da laufen trainierte Leute stundenlang einem Ball nach, stubsen Kugeln, werfen mit Pfeilen oder rasen mit Pferd oder Auto über einen Parcours.

Da sind wir dabei
Was für ein Spaß, da sieht man Wettkampf, mit überzeugter Miene kündigen die Athleten ihre Einstellung und ihren Siegeswillen an, aber gewinnen kann natürlich am Ende nur einer. Der dann mit strahlendem Gesicht ein Interview gibt und die Zutaten für seinen gerade eingefahrenen Erfolg verrät.

Aber es ist auch das Mitfühlen, das Besser-Wissen der Reporter und Kommentatoren, Meinungen befragter Passanten, Prognosen und komplizierter was-wäre-wenn Diskussionen. Das Zittern um den Abstieg, der Freudentaumel des Aufstiegs, die Vorwegnahme der Veränderung in der Tabelle.

Mittendrin, obwohl nur am Fernsehgerät und zur Belustigung in ständigem Wechsel der Sportarten, mehr noch: nicht nur Zuschauer, auch Mitfühler und Mitdenker, schließlich sammelt sich auch noch Wissen über Hintergründiges und Nebensächliches an.

Uff, diese Spannung muss sich erst mal abbauen, völlig erschöpft schaffe ich mich vom Sofa in die Küche, um ein Bier zu holen und die ganzen Eindrücke zu verarbeiten.

10 April 2023

Langsam ziehen die Osterhasen ab

Was in der letzten Zeit geschah: Nach langer Anlaufphase hat sich die fünfte Jahreszeit zu ihrem Abschluss gesteigert. Mit dem Straßenkarneval, Weiberfastnacht bis Veilchendienstag kamen die Karnevalsbegeisterten auf ihre Kosten. Dann Absturz mit Aschermittwoch und sechs lange Wochen Fastenzeit. Auch hier ein kurzer Abschluss mit stiller Trauer am Karfreitag.

Hurra, endlich wieder locker lassen, mit dem Osterwochenende kann der Feiermodus wieder langsam gestartet werden. Da kommt der Osterhase, bringt den Kindern Süßigkeiten und versteckt vielleicht auch die eine oder andere schöne Kleinigkeit für Erwachsene in Haus oder Garten.

Langsam ziehen die Osterhasen ab

Doch was ist das? Mitten in dieser Idylle taucht über Frankfurt ein riesiges Flugobjekt auf. Ist es die abziehende Mannschaft der Osterhasen? Ja, ganz klar, wenn die jeden Haushalt versorgen müssen, dann muss es eine große Anzahl Hoppler geben. Anders als wir immer geglaubt haben wohnen diese nämlich gar nicht in den Parks und Grünflächen, auch die großen Kleeblätter der Autobahnkreuze würden bei weitem nicht den notwendigen Lebensraum bieten. Nein, sie sind in ausufernden Raumschiffen zu Hause, bemalen Eier, hoppeln herum und können sich nach Leibeslust vermehren, ohne von Spezies wie den Menschen gestört zu werden.

Da ja auch noch andere Galaxien mit Ostereiern, Süßigkeiten und Aufmerksamkeiten versorgt werden müssen, haben die Osterhasen im Laufe der Jahrtausende diese Art des Lebens entwickelt. Einige Artgenossen halten unterjährig die Stellung, das sind die Feldhasen und Wildkaninchen, die wir um uns herum sehen. Die bei weitem größere Zahl ist aber ständig unterwegs und lässt sich nur einmal jährlich bei uns blicken.

So verabschieden wir heute die Osterhasen; Wer das Ufo gesehen hat oder es in den nächsten Tagen sieht, kann ihm freundlich zuwinken, dann freuen sich die drolligen Tierchen und kommen nächstes Jahr umso lieber wieder.

07 April 2023

Wir feiern Karfreitag

Wir feiern Karfreitag
Du sitzt neben mir, ein Glas mit hausgemachter Limonade in der Hand. „Sag mal, heute ist doch Karfreitag“ – „Ja“ – „Ich erinnere mich, als Kind war das ein furchtbar schwermütiger Tag. Man durfte nichts Leckeres trinken, nichts Lustiges machen, alles war geschlossen, selbst die Musik im Radio war getragen und Trauer, Trauer, Trauer.“

„Stimmt“, sage ich, „früher war das immer Hardcore-Depri. Verordnete Trübsal, ein wichtiger Tag in der Abarbeitung des Gefühlskanons nach Spaß und Freude zu Karneval.“ – „Genau!“, rufst du, „Karneval als Gegengewicht, als ausgelassenes Feiern, als ultimativer Spaß.“

Du nimmst einen Schluck, ich laufe zum Vorrat mit den Salzstangen. Wenn man die Fastenzeit schon ausklingen lässt, dann richtig.

Nach kurzer Pause legst du nach: „Karneval war aber auch schon immer eine Gelegenheit für Kennenlernen, für Bekanntschaften, für Fremdgehen. Wie viele One-night-stands gab es da, meine Freundinnen haben es ja nie zugegeben, aber da lief schon einiges.“

„Im Gegensatz zu Karfreitag, oder?“ -  „Eigentlich wäre ja jetzt Gelegenheit, da Restaurants geschlossen haben und viele Gläubige die Ohren hängen lassen – das ist doch der perfekte Moment, um mal gegenzuhalten und den Tod fröhlich zu feiern.“

Ich bin nur einen kurzen Moment überrascht, dann denke ich an die Feiern in anderen Ländern. Beispielsweise kennen die Mexikaner einen Tag der Toten (Dia de los muertos), in seiner Ausprägung durchaus verwandt mit unserem Karneval.

„Mein Gott, ja. Was für ein positives Signal geht davon aus, wenn man nicht den Kopf hängen lässt, sondern den Verstorbenen seine Achtung und seinen Respekt zollt. Irgendwie haben sie es ja schließlich geschafft.“

„Ich weiß nicht so recht. Wie könnte man ‚geschafft‘ verstehen? Als ob es eine Leistung wäre, das Leben hinter sich gebracht zu haben. Oder noch mal im Sinne von Karfreitag: Auch wenn immer davon die Rede ist, dass sich Jesus aus freiem Willen dem Leiden unterwarf – hätte er nicht gerne noch ein Weilchen weitergemacht und lebendig seinen Mitmenschen gegenübergestanden?“

Da ist was dran und auch das Trauern um den Verlust ist ja grundsätzlich nachvollziehbar. Aber andererseits könnte man auch die Dankbarkeit in den Mittelpunkt stellen. Und den Tod nur im Sinne des Lebens auf der Erde als final sehen.

Eine Weile sitzen wir schweigend nebeneinander. In Gedanken versunken beschäftigen wir uns mit den Veränderungen im Leben. Ein Mensch geht, vielleicht zieht er nur weg, oder er will nichts mehr mit uns zu tun haben. Oder er stirbt. „Trauer“, sage ich zu dir, „Trauer gibt es in so vielen Situationen. Ob nun bei Jesus oder in unserem persönlichen Alltag. Wir müssen mit Verlusten klarkommen, das ist Bestandteil unseres Lebens.“ – „Absolut richtig. Und gerade deshalb finde ich es so wichtig, die Stunden vor Ostern mal über Trauerarbeit nachzudenken. Ich glaube es ist nicht richtig, Trauer automatisch mit Depression und Niedergeschlagenheit zu verbinden. Das leben uns manche Völker ja deutlich vor. Was aber andererseits nicht heißt, dass man das Abschiednehmen ignoriert.“

Es dämmert. „Zeit, ins Bett zu gehen“, sage ich zu dir, und weiter: „Die Kunst besteht auch hier darin, ein Gleichgewicht zu halten. Mitfühlen ohne sich runterziehen zu lassen. Den Weggang eines Menschen als Möglichkeit zu sehen, neue Personen kennenzulernen, die vermeintliche Lücke zu schließen.“ Und während wir die Gläser in die Spülmaschine räumen läuft das Gespräch langsam seinem abendlichen Ende entgegen. Irgendwie eine Form des täglichen Karfreitags der Gespräche und Gedankenreisen.

[Gemälde in Copyright meiner Frau.]

03 April 2023

Nach Palmsonntag ein wenig verkatert

Nach Palmsonntag verkatert
Gestern war große Party, nach meiner Ankunft bin ich über den roten Teppich zum Shooting und dann als Keynote-Speaker auf die große Bühne. Es war schon ein beeindruckendes Erlebnis, obwohl ich es gewohnt bin vor vielen Leuten zu reden. Spontan erinnerte es mich an die Szene in Betsaida, wohin mir meine Fans nachgekommen waren und ich seinerzeit geschickt das Nahrungsproblem lösen musste.

Jedenfalls war gestern wieder viel los, alles dekoriert mit Palmzweigen, ich habe das Bad in der Menge sehr genossen. Einzig bin ich ein wenig beunruhigt, weil mir in letzter Zeit vermehrt Titel angehängt werden, die mir unangenehm sind. Ich sehe mich nicht als König und möchte so auch nicht benannt werden. Am Ende gibt es noch Ärger mit dem Hohen Rat, weil der mich als Konkurrent fürchtet.

Aber heute heißt es erst mal mit meinen Freunden weiter zu feiern, die Befreiung aus der Sklaverei gebührend zu würdigen. Wenn ich nur nicht so viel von dem Wein getrunken hätte. Einer der Schoppen muss wohl fuselig gewesen sein - naja, Jerusalem ist nun mal nicht die Hochburg der Winzer. Jedenfalls war es lustig und die Stimmung super, ich habe mir sagen lassen, da kann mancher Abend im Bierkönig auf Malle nicht mithalten.

Die Zuhörer wissen, dass ich meine Botschaften aus der Bibel ableite und diese durch intelligente Interpretation verständlich mache. Was mir bislang noch fehlt ist eine bessere Verbreitung der ursprünglichen Texte und meiner zahlreichen Analogien. Wer live dabei ist erzählt es weiter, das ist schon mal ein guter Anfang. Aber auf Dauer reicht das nicht, ideal wären eine ausgeklügelte Vervielfältigung und am besten eine Verteilung mit hoher Reichweite. Warum gibt es nicht so etwas wie ein weltumspannendes Informationsnetzwerk, das ich nutzen könnte.

Ich lasse mir einiges einfallen, um die Zuschauer und Zuhörer zu begeistern. Mal ein kluges Gleichnis hier, mal ein Wunder da. Die Menge ist begeistert, als nächster Schritt schwebt mir die Einführung einer Marke Jesus vor, die mit Markenbotschaftern, ausgewählten Slogans und professionellem Merchandising weltweit ausgerollt wird. Und Riten, ja, Riten sind auch ganz wichtig. Das muss ich in den nächsten Tagen mal verstärkt mit meinem Team besprechen, damit das Ganze auch dann zu einem Erfolg wird, wenn ich ausfallen sollte.