26 September 2025

Synergien nutzen

Ein paar Tage Entspannung werden mir guttun. Da sind sich mein Chef und die Kollegen einig. Jetzt stehe ich also im kurzfristig gebuchten Hotel, habe gar nicht so ganz in Erinnerung, was ich auf irgendeiner Plattform gebucht habe. Frühstück war bestimmt dabei, da bin ich mir sicher, aber alle anderen Leistungen werde ich mir gleich mal vom Empfangschef erklären lassen.

Synergien nutzen
„Castro“ lese ich auf seinem Namensschild, „Fidel“ denke ich und lächle ihn an. Er ist ein grauhaariger Mann mittleren Alters, der sicher schon lange in seinem Beruf tätig ist. „Gäste willkommen“ scheint auf seiner Stirn zu stehen.

„Guten Tag“ tönt seine sonore Stimme, „ich freue mich, Sie zu einer Auszeit in unserem Wellness-Hotel begrüßen zu dürfen. Wie ich sehe, haben Sie bislang nur das Basispaket gebucht. Das ist eine gute Wahl. Gerne stelle ich Ihnen ein paar weitere Annehmlichkeiten vor, die sie gerne hinzubuchen können oder sich optional für das Premium- oder Luxuspaket entscheiden können.“

„Eigentlich bin ich ein wenig müde von der Reise und würde gerne erst mal nur auf das Zimmer gehen, um mich auszuruhen.“ – „Selbstverständlich. Die Wünsche unserer Gäste sind uns heilig und unser Haus steht für einfühlsamen Umgang mit den Kunden. Darf ich Ihnen kurz für die Steigerung Ihres Kundenerlebnisses ein paar Besonderheiten erläutern. Beginnen wir mit der Wahl der Matratzen. Auf einer Skala von 1 bis 5: Wie weich soll die Unterlage sein?“

„Ich weiß Ihre Beratung zu schätzen, aber wirklich, ich bin erschöpft und möchte erst mal ein kurzes Nickerchen machen. Von mir aus auf Matratze Stufe 3. Nein, etwas weicher, sagen wir 2, wenn Sie schon fragen. Aber alle weiteren Fragen würde ich dann heute Abend oder morgen klären wollen.“

„Gute Wahl, lieber Herr. Ich selbst bevorzuge auch Stufe 2. Und die Dame dort drüben hat sich auch für diese Härte entschieden. Gerne frage ich sie, ob wir die Zimmer zusammenlegen sollen.“ – „Nein, was denken Sie? Ich möchte mein Einzelzimmer, keine weitere Belegung, verstehen Sie, ich möchte mich einfach nur erholen. Härtestufe 2, ein Zimmer bitte.“

„Wieso, gefällt Ihnen die Dame nicht? Sie hat vor einer Viertelstunde eingecheckt und war sehr freundlich. Übrigens auch alleinreisend. Haben Sie etwas gegen andere Gäste? Soll ich Sie lieber in unserem Gästehaus am Ende der Straße unterbringen? Dort sind derzeit sehr wenige Gäste, aber es liegt ein wenig abgelegen und zum Essen müssen Sie ins Haupthaus kommen.“

„Besten Dank, wie gesagt, ich möchte gerne ein Zimmer im Haupthaus. Ein Einzelzimmer, Matratze Härtestufe 2.“ – „Und die Dame?“ – „Wie meinen Sie das? Was ist mit ihr?“ – „Soll ich sie nun fragen oder nicht? Wobei ich darauf hinweisen darf, dass der Preis für zwei Einzelzimmer über dem für ein Doppelzimmer mit Matratzen Stufe 2 liegt und sie sich den Vorteil ja teilen können. Und wenn Sie möchten, kann ich die Betten auch auseinander schieben lassen.“

„Sehr freundlicher Hinweis. Aber ich bevorzuge das Einzelzimmer für mich alleine. Den Schlüssel bitte.“ – „Oh, ich vergaß völlig zu erwähnen, dass bei den Doppelzimmern auch ein Besuch im Spa mit Wellnessbehandlung inkludiert ist. Ein weiterer Vorteil für sie beide. Unsere Gäste lieben besonders die Hydrojet-Massage. Gerade wenn Sie besondere Erholung möchten, ist das eine interessante Option für Sie.“

„Bestimmt. Ich denke gerne noch einmal darüber nach. Allerdings brauche ich jetzt eine Pause und wäre mit einem Zimmer hier im Haupthaus sehr zufrieden.“ – „Also, wenn Sie sich für die Hydrojet-Massage interessieren, dann habe ich etwas ganz Besonderes für Sie. Gegen einen kleinen Aufpreis kann ich Ihnen ein Upgrade zu einem Zimmer mit Wasserbett anbieten. Die Härte kann ich Ihnen auf Stufe 2 einstellen lassen, aber die Entspannung ist schlicht einmalig. Nehmen Sie mich beim Wort und greifen Sie zu.“

„Wenn das die Möglichkeit ist, jetzt endlich die Stunden bis zum Abendessen Ruhe zu bekommen, dann nehme ich das Wasserbett.“ – „Großartig! Wir kombinieren übrigens diese Zimmer der Luxus-Kategorie mit einem diskreten Zimmerservice, der wird auch der Dame sehr gut gefallen.“ – „Was hat das denn jetzt schon wieder mit der Dame zu tun? Ich möchte nicht mit dieser Dame in ein Zimmer, weder in ein Einzelzimmer, noch in ein Wasserbettzimmer, noch in ein Sonstwie-Zimmer.“

„Sie sind aber wenig gesellig, vielleicht Einzelkind? Entschuldigung, das geht mich natürlich nichts an. Und auch Ihr Liebesleben interessiert mich nicht. Aber aus langjähriger Erfahrung wird die Entspannung in unserem Haus von unseren Gäste sehr positiv bewertet, vor allem, wenn sie gemeinsame Erlebnisse teilen. Aber das ist selbstverständlich Ihre Entscheidung. Was darf ich denn jetzt für Sie buchen?“

„Ein Ein-zel-zimmer. Mit oder ohne Wasserbett. Matratzenhärte egal. Irgendwas, Hauptsache ruhig und jetzt.“ Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie die Dame sich aus dem Sessel in der Lounge erhebt, ihren Rollkoffer nimmt und in unsere Richtung marschiert. Sie hat ihren Empfangssekt noch nicht ganz ausgetrunken, hält dem Rezeptionist aber das Glas noch einmal hin und lässt auffüllen. „Prost“ sagt sie zu mir, „haben Sie auch so Schwierigkeiten, sich in dem wunderbaren Angebot dieses Hotels für das richtige Zimmer zu entscheiden?“

Sie ist mindestens zwanzig Jahre älter als ich, wirkt fröhlich und noch recht spritzig. Eine nette Person, mit der man bestimmt gut wandern und dann mal ein Glas Wein trinken kann. „Ja“, sage ich, „Castro hat mir gefühlt alle denkbaren Optionen dargestellt, aber ich bin total fertig und brauche jetzt erst mal nur eine Mütze Schlaf.“ – „Das ist doch ganz einfach, machen Sie es wie ich: Ich habe mich für ein Zimmer mit Wasserbett entschieden. Kommt kein Gast mehr, habe ich das Zimmer für mich und zahle nur wie ein Einzelzimmer. Falls sich noch jemand für dieses Zimmer entscheidet, muss ich den zweiten Gast akzeptieren und zahle es als Premium-Doppelzimmer.“

Es dauert einen Moment, bis bei mir der Groschen fällt. Ich schaue sie an, schaue Castro an. Er blickt angestrengt auf seinen Computer, murmelt etwas von Synergien, von möglichen Optionen und der Erfüllung von Gästewünschen. „Ach“, sage ich, „ich glaube, ich fange mit der Hydrojet-Massage an. Vielleicht bin ich danach so ausgeruht, dass ich mich dann für ein Zimmer entscheiden kann. In der Zeit können Sie der Lady hier ja schon mal den Weg zum Premiumzimmer zeigen. Und mir eine Matratze Härtestufe 2 bereitlegen, die ich dann in eines der Basiszimmer gelegt bekomme.“

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19 September 2025

Nachtportier

Wie schön es ist, dass mein Kissen die „Badinerie“ von Bach spielt. Ganz sanft höre ich die Töne aufsteigen, kuschele mich fester in die weiche Unterlage. Wie lustig die Melodie herunterhüpft, denke ich, dann wird mir klar, dass es gar nicht mein Kissen ist, das mich mit der Musik versorgt. Es ist das Telefon neben dem Bett.

Schlaftrunken lange ich hinüber, greife den Hörer „Ja, bitte?“ – „Guten Morgen“, flötet die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Hier ist der Nachtportier. Sie hatten um einen Weckruf gebeten.“ Ich überlege kurz, nein, ich hatte keinen Weckruf angefragt, es ist mitten in der Nacht, ich möchte jetzt noch schlafen.

„Vielen Dank“ krächze ich ins Telefon, „ich habe keinen Weckruf bestellt. Gute Nacht.“ und lege auf. Ob ich wohl wieder einschlafe, frage ich mich noch, doch dann fallen mir die Augen schon wieder zu und ich sinke ins Kissen zurück. Es empfängt mich mit weicher Füllung, die Wange liegt wie in einer Schale, wie angenehm, nur dieses Geräusch, was mag das sein?

Johann Sebastian Bach hat wieder angestimmt und seine Badinerie erklingt fröhlich vom Nachttisch. Ist es Einbildung oder klingelt wieder das Telefon? Ein wenig missmutig wälze ich mich herum, greife wieder nach dem Hörer „Ja, bitte?“ – „Guten Morgen“, wieder die gutgelaunte Stimme von vorhin, „Nochmal Ihr Nachtportier. Ich habe es kontrolliert, Sie haben um einen Weckruf gebeten.“

Ich werde unsicher, gibt es ein anderes Ich in mir, das bei der Rezeption diese Nachtunterbrechung gebucht hat? „Nein“, sage ich, „nein, vielen Dank noch mal, aber ich habe wirklich keinen Weckruf bei Ihnen angefordert. Vielleicht verwechseln Sie etwas, ich reise erst in drei Tagen ab, vorher möchte einfach ausschlafen.“ Und lege auf.

Wie wohlig sich das weiche Kissen um meinen Kopf legt, wie federleicht die Decke mein Pyjama bedeckt. Ein paar tiefe Atemzüge und ich merke, wie der Schlaf langsam wieder überhandnimmt. Nicht alleine, dass ich jetzt wieder in eine Leichtigkeit abtauche, auch die Traumwelt öffnet wieder ihre Türen und nimmt mich mit in eine verrückte Reise voller uralter Nokia-Handys.

Aufschreckend stelle ich fest, dass die Badinerie nicht aus den alten Nokia-Handys meines Traumes kommt, sondern vom Hoteltelefon neben mir. Langsam scheint ein Ritual daraus zu werden, ich greife den Hörer, murmele meine Begrüßung ins Telefon, erwarte schon die unerschütterlich freundliche Stimme. „Ihr Nachtportier, guten Morgen. Als Service unseres Hauses möchte ich Ihnen mitteilen, dass Sie bereits in zwei Tagen abreisen. Uns ist bekannt, dass manche Gäste durch die besonders komfortable Unterbringung das Gefühl für Wochentage verlieren und deshalb möglicherweise sogar ihren Abreisetag verpassen.“

„Ihre besondere Fürsorge weiß ich sehr zu schätzen“, höre ich mich sagen, „aber ich werde meine Abreise nicht versäumen und kann mir grundsätzlich auch mit Wecken und Aufstehen weiterhelfen. Haben Sie vielen Dank. Und jetzt möchte ich schlafen, es wäre zu freundlich, wenn Sie mich in den nächsten Stunden nicht mehr anrufen würden.“ Und lege auf.

Tatsächlich Stille. Ich falle in unruhigen Schlaf, höre immer wieder die ersten Töne der Badinerie, was sich als Trugschluss und Albtraum herausstellt. Auch die eingebildeten Anrufe mit weiteren Informationen und Korrekturen bleiben aus. Da klopft es an der Tür.

Nachtportier
Zuerst halte ich auch dieses Geräusch für einen Teil von Träumen und Einbildungen. Aber es klopft wieder. Eher wie ein höfliches Scharren an der Tür, aber unüberhörbar und hartnäckig. Ein geflüstertes „Nachtportier“ macht mir klar, dass wieder ein Angestellter des Hauses dahinter steckt.

Jetzt nicht reagieren, gleich herrscht bestimmt wieder Ruhe. Einige Sekunden gehen ins Land, dann wieder das Scharren, das geflüsterte Wort und schließlich ein Schlüssel, der ganz leise ins Schloss geschoben wird und mit kaum wahrnehmbarem Geräusch die Tür öffnet. Da wieder: „Nachtportier… im Namen des Hauses möchten wir uns für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Versehentlich wurde der Weckruf mit einem anderen Gast verwechselt. Es tut uns sehr leid, Ruhe und Entspannung unserer Gäste ist uns sehr wichtig.“

„Umpff“, sage ich.

„Als besonderes Angebot möchten wir Ihnen gerne in drei Tagen ein Luxusdinner anbieten. Unser Koch stellt ein ganz individuelles Geschmackserlebnis für Ihre kulinarischen Wünsche zusammen.“

„Ich reise in zwei Tagen ab“ geht mir durch den Kopf. Aber warum diskutieren, das kann ich ja später noch ändern und werde den Quälgeist erst mal los. Ich sage also „eine phantastische Idee, meine allergrößte Dankbarkeit wird sich auch in einem unübertrefflichen Feedback über Ihr Haus niederschlagen.“

Einem Geist gleich schließt sich die Flurtür wieder, Stille. Keine Badinerie, kein Nachtportier, noch nicht mal Träume. Ich komme nach dem Hin-und-her nicht zur Ruhe, wälze mich von rechts nach links, das Kissen ist eigentlich zu dünn, die Bettdecke zu warm, die Klimaanlage falsch eingestellt.

Ein Blick auf die Uhr, es lohnt sich kaum noch, einzuschlafen. Aber vielleicht gerade deshalb fallen mir endlich doch die Augen zu. Und die Ohren werden immer unempfindlicher, nehmen nur am Rande das Schurren der anderen Gäste an meiner Tür wahr. Aber warum kratzen die an meiner Tür und warum flüstern sie dabei? Warum immer wieder dieses eine Wort?

Ich schrecke wieder auf. Ja, der Wahnsinn scheint von mir Besitz zu ergreifen, meine Nerven spielen mir einen Streich, es kann nicht sein, dass schon wieder… „Nachtportier“, dann der Schlüssel, dann das Aufschwingen der Tür. „Wir sind untröstlich, aber das Angebot mit dem Dinner ist leider mit Ihren Reisedaten nicht zu vereinbaren. Sie reisen ja schon in zwei Tagen ab, daran hatten wir beide nicht gedacht.“

Ich verkneife mir den Hinweis, dass ich durchaus daran gedacht hatte, richte mich im Bett auf. Der Oberkörper ist schwer, ich habe Kopfschmerzen, das Licht durch die geöffnete Tür trifft meine verschlafenen Augen. „Raus hier, raus, raus, raus! Stecken Sie sich das Dinner sonstwohin. Und kommen Sie nicht wieder. Heute nicht, morgen nicht. Bis zu meiner Abreise nicht!“

„Werter Gast“, flötet die Angestellte, „warum so ungehalten. Wir bieten Ihnen einen herausragenden Service, stehen für kleine Fehler ein und bieten einen großzügigen Ausgleich. Aber selbstverständlich muss dieser optimal zu Ihren Vorlieben und Wünschen passen, Individualität am Gast orientiert, das ist uns ein hohes Gut. Gerne komme ich noch einmal, um…“

„Nein!“, höre ich mich brüllen, „nein, kommen Sie nicht wieder! Kein Ausgleich, meine Vorliebe ist Ruhe! Ungestört, falls Sie das verstehen!“

Ein wenig überrascht bin ich schon, dass das Zimmer plötzlich wieder leer ist, die Tür geschlossen. Und ich bin mir nicht ganz sicher, ob die reale Szene sich langsam in diese absurde Situation gesteigert hat oder ob das nur in meinem Kopf passiert ist. Was soll ich nur in den Feedback-Bogen schreiben?

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12 September 2025

Stammgast

An der Rezeption ist heute ziemlich viel los. Ich stehe in der Schlange, neben mir der Koffer, darauf meine Laptop-Tasche. Über den Bügel habe ich meinen Kleidersack gehängt. Langsam geht es voran, ein Gast nach dem anderen wird abgefertigt.

Stammgast
Nach ein paar Minuten bin ich an der Reihe, „ich möchte gerne auschecken“ – „Zimmernummer?“ – „Ich glaube, es ist die 2-1-4“, sage ich, „könnte aber auch ein Zahlendreher drin sein. Jedenfalls irgendwas mit einer fünf.“ Die Rezeptionistin schaut mich an, wartet einen Moment, ob ich mich noch erinnere, dann nimmt sie meine Zimmerkarte und liest sie aus. „Sir, Sie haben das Zimmer 3-2-9.“

„Ja“, sage ich, „genau. Wie toll, dass Sie das von der Karte herausbekommen können. So muss ich mir die Nummer nicht extra merken. Aber es erleichtert natürlich das Auffinden des richtigen Zimmers. Und jetzt möchte ich bitte auschecken.“

„Sehr gerne.“ Sie tippt auf ihrem Computer herum, schaut mich an, liest die Karte noch einmal ein, tippt nochmals auf dem Computer. „Sir, Sie sind doch gestern erst angekommen und haben noch einige Tage gebucht. Haben Sie es sich anders überlegt oder gefällt es Ihnen nicht bei uns?“

„Doch“, sage ich, „doch, ganz im Gegenteil. Es gefällt mir ausgesprochen gut. Der Service ist gut, das Personal so freundlich. Ich bin sehr zufrieden.“ – „Und warum wollen Sie dann schon abreisen?“ – „Ich möchte nicht abreisen, ich möchte auschecken.“

In ihrem Gesicht sehe ich die Fragezeichen, weil sie ganz offensichtlich den Unterschied nicht versteht. Es arbeitet eine Weile in ihr, dann sagt sie: „Also gut, dann checke ich Sie jetzt aus. Sie waren gestern Abend im Restaurant, das war Teil des Paketes. Irgendwas aus der Minibar?“

„Ja, die Minibar ist leer, nach dem Restaurant hatte ich noch ein wenig Hunger und Durst.“ – „Ich sehe gerade, die Erstbefüllung ist im Preis enthalten. Also keine weiteren Kosten. Dann danke ich für Ihren Aufenthalt und wünsche Ihnen eine gute Weiterreise.“

„Halt“, sage ich. „Ich möchte gerne einchecken. Im Idealfall bekomme ich wieder mein Zimmer, wie war noch die Nummer?“ Einen Moment herrscht Schweigen, dann nimmt die Frau die Karte wieder aus dem Stapel abgelegter Karten und will sie mir in die Hand drücken. „Warum checken Sie denn erst aus und dann wieder ein, wenn Sie gar nicht weiterreisen wollen?“

„Ehrlich gesagt hat mir der Willkommens-Cocktail so gut geschmeckt. Da dachte ich mir, wenn ich noch mal einchecke, bekomme ich noch mal ein Glas.“ – „Ach so!“ strahlt sie mich an, wenn Sie das direkt gesagt hätten, dann hätte ich Ihnen doch ein Glas gegeben. Eine kleine Aufmerksamkeit für unsere Gäste ist doch selbstverständlich.“

„Wie freundlich von Ihnen“ erwidere ich, „und wenn es keine Umstände macht, dann können Sie mir vielleicht gleich zwei Gläser einschenken, die sind ja leider ein wenig klein.“ Sie behält ihr Lächeln, tippt auf ihrem Computer herum und verspricht, dass ich gleich in den Genuss von zwei Gläsern ihres Hauscocktails käme.

„Ich bin begeistert und kann den guten Service bestätigen, den ich in den Internet-Bewertungen gelesen habe.“ Pause. „Ach, und denken Sie doch bitte daran, dass ich nach dem Einchecken die Erstbefüllung meiner Minibar bekomme.“ – „Das geht leider nicht“, lässt sie mich wissen, „im Grunde haben Sie ja gar nicht richtig ausgecheckt und sind immer noch im selben Zimmer eingebucht.“

„Schauen Sie, werte Dame, ich habe meinen Schlüssel abgegeben, eine Rechnung bekommen, alles mit Ihnen geklärt und wäre abreisefertig gewesen. Nur, dass ich nicht abgereist bin, sondern ihr wunderschönes Haus nun einen weiteren Tag genießen werde. Das kann man doch mit Fug und Recht als Auschecken bezeichnen. Und meinen erneuten Aufenthalt als Einchecken.“

Man kann ihr ansehen, dass sie nachdenkt, abzuwägen versucht, ob sie der Einfachheit halber einfach nachgeben soll oder auf ihrem Standpunkt beharren soll. Sie entscheidet sich dann dafür, sich in Ironie zu flüchten und sagt: „Vermutlich erwarten Sie auch ein Abendessen im Restaurant als Teil des neuen Aufenthalts?“

„Ich gebe zu, dass die Gäste nicht übertrieben haben, als sie Internet geschrieben haben, dass einem jeder Wunsch von den Augen abgelesen wird. Ja, ein Abendessen heute wäre großartig und natürlich irgendwie logisch mit dem Einchecken verknüpft. Und Sie haben ja völlig Recht, der Inhalt der Minibar reicht nicht, um sich über den Abend zu retten.“

„Hören Sie, Sir, ich weiß Sie als Gast zu schätzen. Gerne können Sie Ihren Aufenthalt fortsetzen. Und ja, als Geste der Gastfreundschaft fülle ich die Minibar auf. Aber ein Abendessen kann ich unmöglich auch noch spendieren.“

Ich werfe einen Blick über die Schulter. Die Schlange ist inzwischen relativ lang geworden. Den Gesichtern der Gäste ist anzusehen, dass sie langsam ungeduldig werden. „Ich glaube, dass die anderen Gäste kein Verständnis für die kleinlichen Diskussionen haben, die Sie mit einem Stammgast wie mir hier führen“ sage ich so laut, dass es jeder in der Lobby deutlich hören muss.

„Stammkunde?“ fragt die Rezeptionistin giftig, „Sie waren bislang noch nicht in unserem Haus und sind gestern angereist.“ – „Ja“, sage ich, „das stimmt, aber wenn ich morgen aus- und wieder einchecke habe ich schon drei Aufenthalte in diesem Hotel und das kann man doch als Basis für eine Stammkundschaft sehen.“

Sie seufzt. Ein wenig aus Verzweiflung, wie mir scheint. Dabei sind wir doch in unserem Gespräch schon so weit gekommen. „Ich rufe jetzt unseren Manager dazu“, lässt sie mich wissen und greift zum Hörer. – „Gerne“, sage ich, „ich bevorzuge sowieso mit echten Entscheidungsträgern zu sprechen. Auch wenn ich Sie bislang sehr zuvorkommend wahrgenommen habe.“

Eine Minute später steht ein hochgewachsener junger Mann vor mir, stellt sich als Hotelmanager vor und möchte wissen, bei welcher Frage er behilflich sein könne. „Der Herr möchte Aus- und wieder einchecken, um wieder Minibar und Abendessen zu bekommen.“ Kurze Pause. „Nun, ein wenig ungewöhnlich. Ich kümmere mich um diesen Gast, können Sie in der Zeit schon mal für die anderen Gäste sorgen.“

Er nimmt mich beiseite, mit Koffer, Laptop und Kleidersack werde ich ins Backoffice beordert. „Sie haben ausgecheckt?“ will der Manger wissen. „Ja, sage ich, alles geklärt, Rechnung kontrolliert, es war nichts zu begleichen. Und dann habe ich wieder eingecheckt. Die Dame hat mir sogar mein altes Zimmer wieder geben können.“

„Das ist ja sehr schön“ höre ich ihn freundlich erwidern, „dann ist ja alles zu Ihrer Zufriedenheit?“ – „Aber sicher, das habe ich der Rezeptionistin auch gesagt. Wunderbarer Service, freundliches Personal und so weiter und so fort. Positives Feedback von meiner Seite vorgesehen.“

„Und worin besteht nun das Problem?“ – „Ehrlich gesagt, das weiß ich auch nicht so recht. Die Dame hat vielleicht irgendetwas nicht richtig verstanden, denn sie hatte Schwierigkeiten damit, mir das Abendessen zu buchen, das mit meinem Einchecken verbunden ist.“ – „Ach so, verstehe“ hörte ich den Manager, „Sie waren der Meinung, dass durch den neuen Check-in auch ein weiteres Abendessen inkludiert ist. Aber das ist natürlich nur einmal pro Aufenthalt vorgesehen und sie waren ja gestern Abend schon unser Essensgast.“

„Einmal pro Aufenthalt, Sie sagen es. Ich war bei Ihnen, hatte meinen Koffer schon gepackt, sehen Sie? Und bin nun wieder Ihr Gast: ein neuer Aufenthalt also.“ Mein Gegenüber ist unerschütterlich, verzieht sein Gesicht zu einer freundlichen Grimasse und fragt dann ganz unvermittelt: „Sie sind Lehrer? Vielleicht Deutschlehrer? Oder Germanist?“

„Durchaus nicht, ich bin freiberuflicher Schriftsteller.“ – „Das ist doch sowas ähnliches.“ – „Oh Gott, nein, wie kann man so etwas nur sagen? Naja, ich will es Ihnen mal nachsehen und erkläre Ihnen gerne den Unterschied, wenn Sie mir das Abendessen mit einem guten Glas Rotwein ergänzen.“

Auch Manager sind nur Menschen, denke ich, als ich zu vorgerückter Stunde nach dem Abendessen und dem Plündern der Minibar zufrieden auf meinem Bett liege und mir ausmale, wie ich morgen beim Aus- und Einchecken die Wellness-Option erhalten kann.

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05 September 2025

Urlaubsrückblick

Paula und Günter sind zu Gast bei uns. Wie gewohnt sind die Gespräche lebhaft, pflügen wir durch alle Themen des Alltags und auch der Inseln darin. Im Mittelpunkt stehen heute Erlebnisse der letzten Urlaubsreise. Sie waren auf Teneriffa, nein, was für eine schöne Insel und so abwechslungsreich. Vulkanischen Ursprungs ist das ganze Land rund um den zur Ruhe gekommenen Teide gelegen. Im Norden ein wenig milder, aber auch wolkiger, während der Süden über weite Teile des Jahres sonnig und heiß einzustufen ist.

Urlaubsrückblick
Ihren Urlaub hatten sie dieses Jahr im Norden gebucht, ein stylisches Hotel mit gutem Service und sensationeller Lage, Blick über die Bucht und den Atlantik. Schon, die Zimmer waren klein gewesen, hier und da musste man improvisieren, um die Kleidung aus dem Koffer zu bekommen. Und das Bad: geschmackvoll, aber ohne Ablagen für Paulas Schminksachen oder Günters Rasierer.

Aber das Hotelrestaurant, das war ein Traum, wenn auch ein wenig zu stark klimatisiert, so dass man eigentlich immer frieren musste, wenn man zum Essen ging. Was allerdings durch ein üppiges Buffet wiedergutgemacht wurde. Und wenn dann die Beleuchtung mit Farbwechsel den Raum mal in blaue und mal in rote Farbtöne tauchte – ich sage dir: Ein Träumchen.

Das mit dem Mietwagen war diesmal etwas abenteuerlich gelaufen. Die Einheimischen, immer nett und so freundlich, aber was sie unter einem Auto verstanden, das war dann doch nicht das, was man als Deutscher erwartet. Immerhin war das Fahrzeug mit Anlauf die Berge hochgekommen und mit der notwendigen Geduld hatte auch die Inselrundfahrt geklappt.

Echtes Highlight dann das Oktoberfest mitten im August. Deutsche Blasmusik, Stimmung und jede Menge Bier. Und natürlich ein Festzelt unter sommerlichem Himmel und schwülwarmer Hitze. Dabei waren kaum deutsche Urlauber zu sehen gewesen, viele Spanier, gut gelaunt, die zu vorgerückter Stunde die Straßen und Plätze besetzten. Wein, Bier und Sangria in Strömen und an jeder Ecke Livemusik in den unterschiedlichsten Qualitäten.

Also für reine Badegäste war das natürlich nichts. Einen Sandstrand hatten sie nicht gesehen, ins Meer konnte man nur an bestimmten Stellen über Stege oder Leitern. Und ohne kräftige Badeschuhe war ein Laufen über die Kiesel kein Spaß. Da zogen sich die Urlaubsgäste dann doch lieber an die ziemlich nüchternen Pools zurück. 

Apropos Gäste. Das war ja schon ein Showlaufen von Models. Günter schwärmte von den hübschen Spanierinnen und auch Paula konnte von ein paar ausgesprochen attraktiven Urlaubern berichten. Wer hier nicht jung und wie aus dem Modemagazin gesprungen erschien, fiel fast schon auf. Was in Deutschland auffiel, hier war es Durchschnitt.

Kleidung, so erfuhren wir, spielte eine entscheidende Rolle, Bademode wurde wie auf dem Laufsteg präsentiert und bis in die Dunkelheit brauchte man wenig Phantasie, um unter dünner Umhüllung perfekte Formen vermuten zu können. Nein, Eifersucht wollte Paula da nicht gespürt haben, vielleicht ein wenig Neid auf diese Schönheit, aber eher noch die Freude daran, so viele ansehnliche Menschen an einem Ort anzutreffen.

Was ja irgendwie auch mit dem Wetter zusammenhing. An den bedeckten Tagen war es leer gewesen auf den Straßen, nicht gerade depressiv, aber eher deutsch. Und kaum kam die Sonne heraus, schon strömten wieder die Menschen über die Promenade, übertrafen sich gegenseitig mit ihrer Ausgehlust und südlicher Lebensfreude.

Das, so erklärten uns die beiden nach dem Digestiv im Hinausgehen, sei der erholsamste Teil des Urlaubs gewesen. Diese positive Stimmung, die Freundlichkeit von der Putzfrau bis zum Manager, das Strahlen, das auch manche Panne egalisierte und einem klar machte, wie kleinlich manche Kritik doch sein könne.

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