Früher Nachmittag
... ich sitze am Schreibtisch und kämpfe mit den Tücken der Technik. Heute läuft es gar nicht rund, ein Jenkins-Job bockt und die Kollegen können den Fehler nicht finden. Irgendwer muss an der Konfiguration herumgefummelt haben und jetzt werden die Artefakte nicht vollständig eingesammelt. Eine Telefonkonferenz jagt die nächste, aber das Deployment will einfach nicht in Gang kommen.
Jetzt wieder ein Anruf, diesmal aber nicht aus dem Büro. "Kommst du rüber?" - "Ich kann gerade nicht, der Jenkins spinnt herum." - "Lass ihn spinnen, ich habe frisch gebacken." - "Nein, geht wirklich nicht, hier funktioniert was nicht." - "Aber hier! Das wird dir gute Laune machen." - "Nein, erst die Arbeit, die hat jetzt Prio." - "Wie du meinst."
Etwa eine Viertelstunde später sitze ich bei ihr am Couchtisch. Vor mir steht ein großes Backblech mit Brownies, noch fluffig warm und verführerisch duftend. Sie pendelt zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her, bringt Kaffee und Cola. Wir stoßen mit der Cola an, ich stürze mich auf die Brownies. "Und?" - "Lecker." - "Sag ich doch." - "Was machst du eigentlich gerade, ich meine im Büro?" - "Was reparieren." Wir kauen weiter, Kaffee und Kuchen scheinen mich tatsächlich zu entspannen. Im Grunde ist diese kleine Panne beim Computer gar nicht der Rede wert.
Die Laune verbessert sich zusehends, wir holen Würfel und spielen um das nächste Kuchenstück. Mittlerweile sitzen wir nicht mehr auf der Couch, sondern liegen auf dem Boden. Da lässt es sich viel besser würfeln und die paar Krümel, die daneben gehen, können wir nachher noch wegsaugen. Jetzt rollt der Würfelbecher unter die Couch, wir müssen uns immer aufsetzen, die Würfel in die Hand nehmen und sie auf den Boden rollen. Oder sollten wir sie nicht einfach hochwerfen? Einer der Würfel landet in der Cola, es spritzt, wir lachen uns tot.
"Sag mal, ist irgendwas in der Cola oder in den Brownies?" - "Wie kommst du denn darauf?" - "Ich hab so ein Gefühl." - "Du bist ein Nerd, der hat kein Gefühl bei Brownies." - "Doch, irgendwie schmecken sie heute anders." - "Vielleicht." Nachdem sie mir gestanden hat, dass sie die Zutaten ein wenig ergänzt hat, wird mir klar, warum wir so high sind. "So kann ich unmöglich noch arbeiten." - "Warum, dann geht es alles viel leichter. Ich sag doch immer 'Entspann dich'."
Die Uhr hängt ein bisschen schief, dabei bewegt sie sich auch ein klein wenig, jedenfalls gelingt es mir nicht, sie abzulesen. Sie wälzt mich wieder auf den Bauch, setzt sich auf meinen Rücken und knetet an meinen Schultern herum. "Stehst du eigentlich auf Frauen?" - "Wie kommst du jetzt darauf?" - "Weil du im Büro etwas mit Jenkins machst, das ist doch ein Mann." - "Jenkins ist ein Computerprogramm." - "Oh." Pause. "Aber sag mal." - "Was jetzt?" - "Ob du auf Frauen stehst." - "Ja, schon." - "Aber nicht auf mich?" - "Doch. Ja, nein, weiß nicht." Pause. "Ich ziehe dir jetzt dein T-Shirt aus." - "Ich muss noch mal ins Büro, bis nachher."
Ich winde mich unter ihr frei, komme auf die Füße und stolpere in Richtung Wohnungstür. "Ach, da ist ja wieder der Neue." Der Nachbar hantiert gerade an den Briefkästen. "Ist der Herr in Eile?" Ich murmele irgendwas Unverständliches, meine Zunge ist von den gepimpten Brownies mächtig schwer. Jetzt nur nach Hause, ein paar Minuten auf der Couch werden mich wieder in Schwung bringen. Und natürlich viel trinken.
Die Decke bewegt sich ganz leicht, meine Gedanken bewegen sich mit, was war das gerade? Jedenfalls muss ich gleich noch mal an den Computer, nachfragen, was das Deployment macht. Oder auch nicht, wie meine schweren Augenlider mich wissen lassen.
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