31 Januar 2025

Das interessiert mich nicht

Stehtisch. Konferenz. Neben mir ein junger Mann in lässiger Kleidung, schiebt sein Glas auf dem Tisch hin und her, sein Namensschild kann ich nicht lesen, ich glaube, er kommt von irgendeiner Versicherung. Ja, bestimmt, ist er Außendienstmitarbeiter.

Gerade hat er mir etwas von Kunden, Künstlicher Intelligenz und seiner Einschätzung der weiteren Entwicklung erzählt. Ich höre ihm zu, auch die Ergänzungen seines Partners in schwarzem Rolli und betont unauffällig zur Schau getragenen Luxusuhr gehen mir durch den Kopf.

Wir haben nicht allzu viel Zeit, nach der Kaffeepause wird es in Kürze weitergehen. Ich schaue auf die Uhr des Rolliträgers und werfe ein, dass die Entwicklung auf dem technischen Feld auch einen veränderten Umgang mit den Kunden erfordert. Begriffe wie Vertrauen, Empathie und persönlichem Umgang spielen da aus meiner Sicht eine Rolle.

In einer Mischung aus Arroganz und Ärger schaut mich mein Gegenüber an. Ja, Empathie, also mit dem Wort kann er nicht so viel anfangen. Das klingt ihm eher nach Weichspüler und bei der Kundenansprache geht es um Geschäft, um Business. Da ist kein Platz für Kuscheln und Räucherkerzen.

Ob die Kunden für ihn eher Bezahlmaschinen seien, will ich wissen, eine Frage, die ihn offensichtlich eher verärgert als wachrüttelt. Sie zeige meine unprofessionelle Sicht der Dinge, muss ich mir anhören, selbstverständlich verkaufe er hochwertige Produkte und wolle die Kunden zufriedenstellen. Aber das nicht auf Kosten irgendeiner Psychonummer. Der Kunde stehe voll im Mittelpunkt, aber eben nicht so.

Das interessiert mich nicht
Es ist offensichtlich, dass wir zwei keine gemeinsame Meinung finden werden. Weder wird er einsehen, dass er es mit Menschen zu tun hat, die nun mal ein Gefühlsleben, eine emotionale Komponente, eine Seele haben. Noch kann ich mich dazu durchringen, diese Aspekte für den Abschluss eines Geschäfts beiseite zu legen.

Dieselbe Sache, ein Geschäft abzuschließen, und doch so unterschiedliche Standpunkte. „Geschäfte zu machen und Verträge abzuschließen ist ein Kampf, ein Wettkampf. Und den muss man gewinnen. Jede Schwäche führt zu einem misslungenen Abschluss“, dringt aus weiter Ferne an mein Ohr. Nein, denke ich, das sehe ich anders, ein Geschäft muss sich für beide Seiten lohnen, da ist kein Platz für Gewinner und Verlierer. Und für Kampf schon gar nicht.

Während ich diesem Gedanken noch nachhänge wendet sich mein Kampfvertreter an den Rolexträger, schwadroniert weiter über die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz und den Schub, den er sich davon für das Quartalsergebnis erwartet.

Es sind nicht die unterschiedlichen Gesprächsebenen, die uns trennen. Vielmehr der Kanon der Themen, die uns bewegen. Jegliche Formen nicht budgetierbarer Aspekte sind außerhalb seiner Aufmerksamkeit. Und mich sprechen seine Quartalsergebnisse, die Key Performance Indikatoren, sein Return on Investment und irgendwelche Deckungsbeiträge einfach nicht an.

Da beginne ich, mich über mich selbst zu wundern. Vielseitig interessiert, in zahlreichen Themen bewandert und neuen Impulsen gegenüber offen. Aber hier finde ich keinen Anknüpfungspunkt, scheint nicht so sehr das Thema, als vielmehr die gegenseitige Sicht auf die Welt im Wege zu stehen. Oder ist es die Einschätzung meines Gegenübers, dass ich ihm als Gesprächspartner nicht nützlich bin?

In seinen Augen scheine ich lesen zu können: „Egal was du sagst, es interessiert mich einfach nicht.“

24 Januar 2025

Was hast du eigentlich gedacht?

Was hast du gedacht

Ich im Konzert. Alles dunkel, um mich herum Sitzreihen, alle starren nach vorne, zur Bühne. Alle im Saal lauschen den Melodien, werden vom Orchester mit wechselnden Klängen versorgt. Musiker und Dirigent arbeiten sich durch die Partitur, bewegen ihre Arme, um die verschiedenen Instrumente zu bedienen.

Soweit für alle gleich. Aber was in den Köpfen vorgeht, das ist unterschiedlich. Der eine mag ganz in der Musik untertauchen, sich auf die Gefühle einlassen, die in ihm entstehen. Mit geschlossenen Augen folgt er den Tönen, generiert Bilder in seinem Kopf, schweift ab in bereits erlebte Szenen.

Man kann auch den Musikern zuschauen, vielleicht den ersten Geiger oder die Cellistin bei ihrem Tun beobachten. Sehen sie glücklich aus, wie mag das Zusammenspiel hinter den Kulissen gestaltet sein? Ob sie sich gegenseitig respektieren, wieviel Arroganz es wohl gibt und sie ihre tägliche Handarbeit gerne und fehlerfrei absolvieren.

Oder sich mit den Zuschauern beschäftigen, wie sie gebannt nach vorne schauen, im falschen Moment klatschen, wie sie sich in Schale geworfen haben und mehr oder weniger routiniert über das Konzert, den Rahmen und die Getränkepreise parlieren. Warum sie überhaupt hier sind, ob aus künstlerischem Interesse, Gewohnheit, Freundschaft oder weil es schick ist.

In Gedanken versinken über die Veränderungen der Musik über die Jahre, die Leistungen der unterschiedlichen Komponisten, deren Umfeld und das Leben der Kreativen vor dem unbeschriebenen Notenblatt. Auch hier gab und gibt es gute und schlechte, populäre und unbekannte Menschen. Was wohl die ausgemacht hat, die letztlich in die Bücher der Musikgeschichte eingehen. Das gute Musikprodukt zum einen, die Vermarktung zum anderen.

Und schließlich sitzen offensichtlich im Auditorium auch Menschen, die sich Gedanken über die Gedanken der Mitmenschen machen. Und das nicht nur hier im Konzertsaal, sondern auch im Alltag. Die über das Nachdenken nachdenken.

17 Januar 2025

Trauergesellschaft

Trauergesellschaft
Einer meiner Lieblingsschlipse hat sich erhängt. Er war schon immer ein wenig weinerlich, die Corona-Zeit hat ihn sehr belastet und er hat auch danach ganz schön durchgehangen.

„Durchgehangen“ echot mein Mickeymaus-Schlips. Er ist der Spaßvogel im Kleiderschrank und kann aus jedem Wort etwas Lustiges machen. „Durchgehangen ist ja bei Schlipsen eher ungewöhnlich. Die hängen und hängen, aber selten haben sie Beulen dabei.“ Aber heute kommt sein Witz nicht richtig an, um ihn herum hängen eine Reihe weiterer Krawatten, alle schauen ziemlich bedröppelt, schließlich ist so ein Suizid keine lustige Angelegenheit.

Selbst der schwarze Schlips trägt heute Trauer, er scheint noch dunkler zu sein als beim Kauf vor vielen Jahren. Oft genug hat er tröstende Worte bei Beerdigungen gehört, die ihm jetzt wieder durch den Kopf gehen. „Er stand mitten zwischen uns, bevor er so unerwartet aus dem Leben schied.“

Das ist wieder ein Impuls für die Mickeymaus. „Er stand doch gar nicht, er hat sich immer tragen lassen, und zwar um einen Hals herum“, witzelt er. Die anderen Schlipse rücken näher an den Verstorbenen heran, so recht scheint keinem der Sinn nach guter Laune zu sein. Eine kleine Trauergesellschaft, die sich hier bildet, die dem alten Gesellen die letzte Ehre erweist.

Ich schaue zu, ein wenig Bewegung hier und da, ein Geraune und Getuschel, wenn man genau hinhört. Gerade scheint der orangeblaue Schlips das Wort zu ergreifen, will ein gemeinsames Erlebnis zum Besten geben. Aber so weit kommt er nicht, weil jetzt die beste Freundin des Toten sich an den anderen Schlipsen vorbei zu ihrem ehemaligen Geliebten drängt und sich noch mal recht feste an ihn kuschelt.

Es ist eng auf der Krawattenstange, heute stört es auch nicht, dass der alte Seidenschlips sich trotz seiner Flecken immer noch als etwas ganz besonderes fühlt und die Einschlaglasche ziemlich hoch trägt. Die Weggefährten nehmen ausnahmsweise Rücksicht auf seine Arroganz, selbst die naive Jungfrau in sonnengelbem Kleid lässt sich von ihm nicht irritieren.

Überhaupt trägt sie wie immer dazu bei, dass man ein Lächeln auf das Gesicht bekommt. Ihre unnachahmlich heitere Art wirkt ansteckend und entfacht auch im dunklen Kleiderschrank immer einen Hauch von Sommergefühl. Bis auf die arbeitsgrauen und die gedeckt anthrazitfarbigen Genossen sind alle mit ihr befreundet.

Hilfesuchend schaut sich die Mickeymaus zu der Sonne um. Wenigstens eine, die nicht nur Trübsal bläst. „Er hat sich zu Höherem gestreckt, hat seine Erfüllung im Schmuck jedes blauen Hemdes gesehen.“, höre ich gerade den Blauorangen sagen. „Wir wollen uns an ihm ein Beispiel nehmen, jeder als Verzierung einer Farbe, seiner Farbe, seiner Bestimmung.“

Ein Blick in die Runde sagt mir, dass es jetzt depressiv wird, gleich fließen Tränen und das kann ich im Schrank nun wirklich nicht gebrauchen. Behutsam nehme ich den armen Gesellen ab und schließe fast lautlos die Schranktür. Vielleicht fangen sie sich schneller, wenn sie den Tod nicht so deutlich vor Augen haben.

Mit wenigen Schritten bin ich im Keller, und lege den Schlips vorsichtig in den Altkleidersack. Sicher ein etwas liebloses Grab, aber mit der Hoffnung auf die Auferstehung und ein neues Leben.

10 Januar 2025

Ausblicke sind mein Leben

Ausblicke sind mein Leben
Ich bin die Scheibe vor dem Badezimmer. Ich verbringe schon seit vielen Jahren meine Tage damit mich unsichtbar zu machen und abwechselnd nach draußen und nach drinnen zu schauen. Nachts genieße ich den Ausblick in den Garten und bei Neumond schlafe ich manchmal sogar dabei ein. Aber früh morgens, wenn das Ehepaar aufsteht, dann wird es von innen hell und ich bin sofort wach. Immerhin ist es dann meist noch so dunkel, dass ich nicht besonders durchscheinend sein muss. Von drinnen kann man zu der Uhrzeit ohnehin kaum nach draußen schauen.

Also nutze ich die Gelegenheit und schaue den Menschen zu, die jetzt im Bad herumlaufen. Sie putzen die Zähne, eine der Personen rasiert sich im Gesicht, die andere sucht im Badezimmerschrank herum. Dann ziehen sie ihre Schlafanzüge aus und stellen sich unter die Dusche. Ich schaue zu, wie sie die Haare waschen, sich einschäumen und das Wasser über den Körper laufen lassen.

Es erinnert mich an Regen, der an manchen Tagen gegen mich peitscht und kann die zufriedenen Gesichter der Duschenden gar nicht verstehen. Fast scheint es so, als ob sie freiwillig diese unangenehme Feuchtigkeit an ihren Körper lassen. Und dabei zügig immer wacher und lebhafter werden.

Jetzt gehen die beiden auch noch aufeinander zu, nehmen sich in den Arm und halten sich erst mal fest, bevor sie sich abtrocknen. Das geht nun wirklich zu weit, am liebsten würde ich gegen mich klopfen, damit dieses illustre Spiel ein Ende hat und sie sich zum Frühstück sputen. Aber leider bin ich im Rahmen eingespannt, so dass ich keinen Laut von mir geben kann.

Endlich gehen sie wieder zur gewohnten morgendlichen Eile über, abtrocknen, eincremen, anziehen und noch ein Makeup auftragen. Dann wird es leer im Badezimmer und ich kann wieder einen Blick nach draußen werfen. Ich liebe diese Phasen, wenn Ruhe einkehrt, meditativ kann ich mich endlich wieder mit meinem Leben als Fensterscheibe beschäftigen.

Ja, denke ich, amorph bin ich und glasklar ist nicht nur meine Erscheinung, sondern auch mein Geist. Diese wundervolle Kombination aus scheinbarer Stabilität, die aber doch einen (wenn auch ganz langsamen) Fluss in sich trägt, der ihre Form im Laufe der Jahre nahezu unmerklich verändert. Dazu die Beständigkeit und chemische Reaktionsträgheit in Vereinigung mit der Eigenschaft, bei Einwirkung von Gewalt in tausend Stücke zu zerspringen.

Draußen ist jetzt Tag, es ist hell, der Garten noch ein wenig winterlich kahl. Mein Leben ist viel langfristiger angelegt, wenn ich nicht zwischendurch irgendwelchen Beschädigungen oder Renovierungen zum Opfer falle. Schon so viele Winter habe ich gesehen, so oft das Absterben der Pflanzen im Herbst und das neue Sprießen im Frühjahr erlebt. Und auch das Ehepaar ist nicht das erste, das sich vor mir entblößt und mit seinen Ritualen in den Tag startet oder den Schlaf vorbereitet.

Der schnelle Rhythmus der Tage, der jährliche Zyklus der Natur, die Generationen der Menschen und die langen Leben der Bäume ziehen an mir vorüber, während ich mich noch nicht einmal mehr an meine Entstehung in der Glasschmelze erinnern kann. Ein Leben möglicherweise ohne Anfang, vielleicht war ich vorher schon ein Glas und wurde recycelt.

So hänge ich meinen Gedanken nach und merke gar nicht, wie es langsam Mittag wird. Die Sonne hat schon ein wenig Kraft und es wird draußen wärmer. Die Spannungen zur Innenseite nehmen ab, auch der Rahmen gibt jetzt eine wohltuende Wärme ab. Ich recke mich ein ganz klein wenig, dehne mich unter Einfluss der zunehmenden Temperatur etwas aus und schmiege mich an den Rahmen, der seine Größe deutlich weniger verändert.

Gerade kommt wieder jemand in das Badezimmer, es gab wohl Mittagessen und die Zähne werden noch mal gereinigt. Es ist spannend, diese Aktivität zu verfolgen, eine kleine Abwechslung, über die ich in den nächsten Stunden nachdenken kann. Die längste Zeit ist dann normalerweise bis zur Bettruhe. An manchen Tagen kommt dann mal jemand und holt irgendetwas aus dem Badezimmerschrank, bringt etwas oder nimmt sich Verbandszeug.

Aus meiner Erfahrung ist das am Wahrscheinlichsten, wenn ich vorher im Garten Bewegung sehe. Dann sind da Leute, die an den Pflanzen herumwerkeln, hier Blumen pflanzen und dort Äste abschneiden. Kleine oder mittelgroße Blessuren sind dann geradezu vorprogrammiert und es dauert nicht lange, bis irgendwer mit Blut an den Fingern hereingestürzt kommt. Dann schaue ich abwechselnd nach draußen und drinnen, versuche den weiteren Verlauf zu erraten und frage mich, ob die Gartenarbeit gleich fortgesetzt wird.

Doch jetzt ist Winter, da liegt der Garten brach und die Unfälle sind höchst selten. Insofern sehr geruhsame Nachmittage, an denen ich in Urlaub fahren könnte, wäre da nicht die Kälte auf der Außenseite abzuhalten. Der fortwährende Kampf gegen den Wärmedurchgang kann natürlich nicht einfach pausieren. Es ist mir klar, dass ich sofort ausgetauscht werde, wenn ich diese Funktion nicht mehr vollständig erfülle.

Aber ich bin stolz darauf, dass ich auch in meinem hohen Alter immer noch so klar bin, die Energie der Sonne für die Erwärmung des Innenraumes zu nutzen weiß und die Kälte dort belasse, wo die Menschen sie haben wollen. Ein Blick noch mal zur ruhenden Badewanne, dem spiegelnden Waschbecken und den Parfümflakons. Alles hat seine Ordnung, ich kann mal ein wenig einduseln.

03 Januar 2025

Bist du wahnsinnig?

Bist du wahnsinnig
Wir sitzen bei einem Kaffee zusammen, ich erzähle meinem Freund von meinem geplanten Stellenwechsel. Erst hört er mir aufmerksam zu, dann erwähne ich die neue Gruppe, in der ich tätig sein werde. „Bist du wahnsinnig?“, zischt er mich an, „das sind alles Arschlöcher!“.

Einen Moment bin ich schockiert. Er kennt die Leute, hat im Gegensatz zu mir schon mit ihnen zusammengearbeitet. Und hat so ein vernichtendes Urteil über diese Personen. Mein Kaffee steht vor mir, hat längst aufgehört zu dampfen, was aber auch an der Milchhaube liegen könnte. Wird am Ende in beiden Fällen nichts so heiß getrunken wie es gebrüht wurde?

Das Gespräch geht weiter, er berichtet von allerlei Situationen, in denen er schlechte Erfahrungen gemacht hat. Aufgelaufen ist er, ja, geradezu von Mobbing könnte man sprechen. Sehr schwierige Charaktere, die sich in dieser Organisationseinheit versammelt hätten. Er sei vor einiger Zeit dort gegangen, sicher, das hatte auch etwas mit der in Aussicht stehenden Führungsposition zu tun.

Sein Lebenslauf ist anders als meiner, sein Charakter auch. Es steht außer Zweifel, dass ich andere Erfahrungen machen werde als er, nicht unbedingt bessere, das ist mir klar, aber ich habe eine gewisse Chance, einen grüneren Zweig zu erwischen. Ob denn nichts gut gewesen wäre, will ich von ihm wissen.

Tatsächlich muss er erst kurz nachdenken, aber dann fallen ihm doch noch ein paar lobende Worte für den einen Kollegen und eine gewisse Anerkennung für einen anderen ein. Und der Chef, der war immerhin ein Lichtblick. Sonst hätte er es ja nicht so lange ausgehalten. Aber trotzdem fragt er sich, ob ich mir das richtig überlegt hätte.

„Nein“, erkläre ich ihm, „ich kann mich für den Gruppenleiter begeistern, das Thema habe ich mir gar nicht so genau angeschaut und die Mannschaft auch nur kurz überflogen. Die meisten kenne ich nur flüchtig und die Kollegen in den kooperierenden Bereichen sogar noch weniger.“

„Siehst du, genau das war der Fehler“ raunt mir mein befreundeter Arbeitskollege jetzt zu. Du darfst doch nicht nur nach einer Person gehen, es gibt so viele Typen, die in dem Umfeld unterwegs sind und alle können dir das Leben schwer machen. Was sie dort übrigens auch tun.“

Mir rutscht das Herz in die Hose. Sollte ich mich wirklich so vertan haben, geblendet von irgendeinem Aspekt, der mir bei meinem Wechsel im Mittelpunkt zu stehen schien? Lagen jetzt Zeiten des Kleinkriegs, dauernder Reibereien und mühsamer Arbeit vor mir? Wäre es nicht sogar ratsam, den Wechsel noch abzublasen und aus einer ruhigen Position heraus noch mal genauer hinzuschauen?

Wir wechseln das Thema, nicht ohne dass er mich noch mal eindringlich ermahnt, die versäumte Beschäftigung mit der neuen Stelle nachzuholen. Dann geht es um Ferien, Urlaube und irgendwelche politischen Geschichten, die ich nur mit halbem Ohr aufnehme.

Irgendwann beenden wir dann unseren Austausch, er eilt wieder an seinen Arbeitsplatz, während ich ein wenig energielos noch einen Moment sitzenbleibe. Just in dem Augenblick kommen drei Kollegen der neuen Gruppe in die Cafeteria, haben wohl jetzt ihren Nachmittagskaffee hier geplant. Fröhlich begrüßen sie mich, fragen, ob ich schon gehen wolle oder nicht noch ein paar Minuten mit ihnen sitzenbliebe.

Ich lasse mir meine Irritation nicht anmerken, habe ich sie doch gerade in schlechtem Licht dargestellt bekommen und werde jetzt nahezu freundschaftlich behandelt. Natürlich bleibe ich sitzen, trinke noch eine Cola und erfahre etwas über die zukünftige Arbeit, dass sie sich auf meine Unterstützung bei der zunehmenden Arbeitslast freuen und vor allem große Hoffnung darein setzen, dass wir gemeinsam eine engere Kopplung mit den Fachbereichen hinbekommen.

Vorsichtig fühle ich mit der einen oder anderen Frage in Richtung absehbare Reibereien, kritische Töne oder verfahrene Situationen nach. Aber es klingt alles ziemlich harmlos. Sicher, es gibt viel zu tun, sei es hinsichtlich Arbeit, sei es hinsichtlich Team, aber es scheint machbar; Was sich auch mit der Darstellung der Führungskraft deckt.

Als wir uns schließlich trennen erwähnen sie noch meinen Kollegen, von dem sie sich freiwillig getrennt hätten, weil er den Zusammenhalt regelmäßig gestört hätte, aber „Schwamm drüber, jetzt bist du ja demnächst da.“

Happy End: Beide Seiten hatten in gewisser Hinsicht Recht. Die ersten Monate waren geprägt vom Aufbau einer positiven Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Gruppen, insbesondere die Entwickler waren dabei anfangs wirklich schwierig ins Boot zu bekommen. Aber nach einiger Zeit nahmen die Spannungen ab und zum Jahreswechsel konnten wir uns schon so gut in die Augen schauen, dass wir gutgelaunt eine lustige Feier zusammen hinbekamen.