Zurück in der Hauptstadt
Langsam wollten wir uns wieder in Richtung Hauptstadt treiben lassen, die letzten Tage unseres Auslandsaufenthaltes im Trubel verbringen und gemeinsam wieder allmählich in unserer gewohnten Form der Zivilisation ankommen.
Symmetrisch zum Eintauchen in die Lebenswelt dieser fremden Zivilisation steigerte sich jetzt wieder langsam der Komfort, den wir in den Dörfern und bei den Unterkünften fanden. Elektrischer Strom war wieder eine Selbstverständlichkeit, Waschmöglichkeiten steigerten sich stufenweise von tuchumhangenen Wasserwannen im Hof über ein Hausbadezimmer bis zu einem Etagenbad mit Dusche. Einerseits war das eine schöne Sache, andererseits entfielen sukzessive unsere gemeinsamen Duschorgien und die improvisierten Chillout-Ecken ohne Beleuchtung.
Zunehmend wurden wir aber auch eher wie Touristen und weniger als Gäste behandelt. Die Wirte waren freundlich, aber das Vermieten der Zimmer, der Verkauf irgendwelcher Souvenirs und mehr oder weniger sinnloser Gimmicks standen für sie im Vordergrund. Schon eine Tagesreise vor der Hauptstadt erreichten die Speise- und Getränkepreise ein ungewohnt hohes Niveau. Es war unübersehbar, dass wir als reiche Goldesel angesehen wurden und entsprechend viel mehr zu zahlen hatten als die Einheimischen um uns herum.
Natürlich war auch das für uns immer noch bezahlbar, die Preise deutlich niedriger als in Deutschland, aber diese Differenzierung und die Erkenntnis, dass der Mehrpreis nicht bei denen ankam, die wirklich bedürftig waren, führte in unserer Gruppe zu lebhaften Diskussionen. Während die Mädchen sich mit dieser Ungleichheit arrangieren wollten erwachte in den Jungs ein gewisser Kampfgeist. Dieses ungerechte System wollten sie nicht einfach hinnehmen. Die Dispute wurden immer feuriger, angeregt von diversen Schnäpsen wurden die wildesten Aktivitäten erwogen, selbst Demonstrationen und Anschläge waren vorübergehend im Gespräch.
So weit kam es Gott sei Dank nicht, denn mit Erreichen der Hauptstadt waren wir selbstverständlicher Teil der Touristen, die Einheimischen waren nicht mehr als konkurrierende Kunden, sondern als Gegenseite hinter den Verkaufsständen zu sehen. Irgendwie blieb zwar die Ungleichheit bestehen, wurde vielleicht noch viel größer, für uns aber nicht mehr so deutlich wahrnehmbar.
Wir zogen in ein recht schäbiges Hotel in der Stadtmitte ein und bekamen von einem ziemlich mürrischen Wirt ein paar heruntergekommene Zimmer. Abgesehen vom obligatorischen Deckenventilator, einem Waschbecken und einem pritschenartigen Bett, waren nur ein wackliger Tisch und ein ebenso wackliger Stuhl vorhanden.
Wir ließen uns nicht aufhalten und zogen in den Gassen umher, schauten uns um und tranken Kaffee oder wechselnde alkoholische Getränke. Auch hier gab es wieder viele Kontakte mit den Einwohnern, aber es war ganz anders als auf dem Land. Die beiden Mädchen wurden mehr oder weniger aggressiv angegraben und nur die Gegenwart von uns Jungs schien dafür zu sorgen, dass sie nicht in irgendeine dunkle Gasse gezerrt wurden.
Andererseits wurden wir Jungs von den einheimischen Mädchen umschwärmt. Sie flirteten was das Zeug hielt, wobei wir uns zunehmend fragten, ob unser Aussehen und unsere Art oder eher unser Geldbeutel etwas mit diesen Annäherungen zu tun hatte. Sie ließen sich von den anderen Mädchen unserer Reisegruppe nicht stören, setzten sich ungeniert auf den Schoß und erwarteten eingeladen zu werden.
Allmählich wurde uns klar, was der Gastwirt mit der Zimmerbelegung gemeint hatte. Ohne Zweifel wären die Mädchen gegen ein paar Euro bereit gewesen, uns ins Hotel zu begleiten. Dem hätte höchstens der Wirt im Weg gestanden, der sich aber sicherlich auch mit einem kleinen Geldschein hätte umstimmen lassen.
Wir zogen es vor, unsere Party alleine zu feiern, durchkreuzten die letzten Tage die Stadt, trauten uns aber nicht, uns aufzuteilen. Die weniger aufdringlichen Lokale waren zum Teil recht atmosphärisch und die anderen Gäste amüsierten sich schon darüber, dass wir immer nur als kleine Truppe auftauchten. So kamen wir dann doch noch zu lustigen Gesprächen und langsam verfestigte sich der Eindruck, dass es auch in der Stadt zahlreiche nette Menschen gab.
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