Stehe ich also an der Himmelspforte und sehe mich
unvermittelt der Erzengelin Michaela gegenüber, die mir mit ihrem
Flammenschwert den Eintritt ins Paradies verwehrt.
Ich bin ein wenig ungehalten, habe ich mich doch angemeldet
und nach eigener Einschätzung auch die Zutrittsbedingungen erfüllt. Aber wie so
oft im Tod kommt es anders als man vorher nicht gedacht hat. Denn Michaela
schaut mich eine Weile an, setzt eine bedauernde Miene auf und erklärt dann die
aktuelle Situation.
Tatsächlich werden derzeit überhaupt keine Bewohner des
Planeten Erde ins Paradies gelassen. Sie gehören zu einer Risikogruppe, und
laut göttlicher Verfügung müssen die Antragsteller*innen – auch wenn sie
maskiert sind – abgewiesen werden. Zu groß ist die Sorge, dass an diesem
besonderen Ort auch Corona ausbricht und damit die paradiesischen Zustände
empfindlich gestört werden, bis diese unter Ächzen höllische Züge annehmen.
Leider kann diese Abschottung auch leicht noch 100
Erdenjahre dauern, Zeit spielt ja hier keine Rolle und – Michaela senkt die
Stimme – die Paradieslinge sind ohnehin nicht gerade erpicht auf Neuzugänge.
Enttäuscht höre ich mir die Erläuterungen an, auch das
Bedauern in der Stimme bei den Worten „mir sind da die Hände gebunden“ und
Fetzen wie „Aufsichtsbehörde“, „Anweisung von oben“ und „ich bitte um ihr
Verständnis“ klingen in meinen Ohren wenig überzeugend.
Leider lässt sich die Erzengelin auf keine
Diskussion ein und verweist mich auf die Chance nach dem nächsten Leben. Ich
solle es bitte nicht persönlich nehmen und dann: „Der Nächste, bitte!“.