Vertraue meinem Zauberstab. Ich berühre irgendeinen
Gegenstand, und schon wird er lebendig, bekommt eine Seele. Ich unterhalte mich
gerne mit den Sachen, denn oft können sie mir Dinge erzählen, die ich als
Mensch gar nicht so mitbekomme. Und die sie natürlich auch nur mir anvertrauen.
Neulich habe ich einem Gespräch im Kleiderschrank gelauscht,
es war nur ein leises Wispern, erst beim Öffnen der Tür konnte ich verstehen,
um was es geht. Es war das Klagen meiner Schlipse, seit dem Ausbruch der
Pandemie hängen sie im Schrank und werden nicht benutzt. Kommen auch überhaupt
nicht mehr raus, unter Leute, können an keiner Gesellschaft und keiner
Veranstaltung mehr teilnehmen.
Was für ein tragisches Schicksal, dachte ich, nahm liebevoll
eine gestreifte Krawatte von der Stange und streichelte sie. Das Wispern
verstummte, ich konnte fühlen, wie sie sich unter meinen Fingern entspannte und
glättete. Nun nahm ich auch die restlichen Krawatten, breitete sie auf dem Bett
aus, sie lagen im hellen Sonnenschein und konnten glänzen. Um den Tag noch
schöner zu gestalten entnahm ich aus dem Nachbarschrank einen seit Monaten
nicht getragenen Anzug, legte ihn daneben und freute mich an dem schicken
Anblick.
Kaum drehte ich mich um, konnte ich auch schon wieder die
piepsigen Stimmen hören, aber diesmal war es kein Jammern, sondern die Freude
über das Wiedersehen. Ich beschloss, sie eine Weile alleine zu lassen und
anlässlich der guten Stimmung schnell mit meinem Zauberstab das Badezimmer zu
beseelen.
Und tatsächlich: Der Zahnpastatube ging es heute gar nicht
gut. Sie war wohl in der Mitte ausgedrückt worden und hing jetzt mit üblen
Bauchschmerzen über dem Rand des Zahnputzglases. Das war allerdings ein
gefundenes Fressen für die Zicken von Zahnbürsten, die hinter vorgehaltenen
Borsten kicherten und sich über die Unpässlichkeit der Tube lustig machten. Ohne
großen Aufwand konnte ich die Tube zurechtdrücken, jetzt steht die Tube wieder
stolz im Glas und die Garstigkeiten der Bürsten verstummt.
Nun, manchmal will ich gar nicht so genau wissen, was da zwischen
den Gegenständen abgeht. Aber das immer fröhliche Gurgeln des Waschbeckens sorgt
bei mir für gute Stimmung. Wie ich hörte, ist es unsterblich verliebt in das
Parfumflakon, das feingeschliffen und wohlriechend auf ihm steht. Was für ein
schönes Paar, selbstlos duftend, fröhlich tönend.
Ach, laufe ich gut gelaunt in mein Büro, lasse mich auf den Schreibtischstuhl sinken (er seufzt ein wenig unter der Belastung) und berühre mit meinem Zauberstab den Bildschirm meines Dienst-Laptops. Schweigsam schaltet es um vom Ruhezustand, es erscheint meine Mailbox und trotz mehrfacher Versuche gelingt es mir nicht, den Nachrichten eine Seele einzuhauchen. Oder habe ich meine Wünsche bei der guten Fee für heute verbraucht?
Macht Spaß, solches zu lesen.
AntwortenLöschenAber, wie wäre es, wenn du deinen PC statt mit einem Zauberstab synchron mit Hammer und Meißel berührtest? Falls nicht zur Hand: Der Feuerlöscher vom Flur täte es mit der richtigen Flugbahn auch.