Dort, wo die Archäologie die Silberlinde schneidet, mitten durch den Stamm. Ich lese im Geschichtsbuch der Jahresringe: Trockene Jahre sehe ich da, fast ein Jahrzehnt später muss es sehr windig gewesen sein. Und die schwere Jugend, in der du dich dem Hang entgegenstemmen musstest.
Dann die Baumperlen. Deine Verletzungen vergisst Du nie, sie sind kein Trauma, nein, sie verheilen ohne bleibende Schäden, aber dem Betrachter zeigst du sie ohne Scheu. Über Jahrhunderte, die du den Menschen bei ihrem Tagwerk zuschaust.
Wie erdend, haben wir doch die Macht, dein Leben durch unsere Sägen zu beenden. Worein du dich klaglos fügst, dich hergibst für ein paar Jahrzehnte als Möbelstück. Obgleich du ohne uns ein Leben über achthundert Jahre hättest führen können.
So liegst du also vor mir, nackt ohne deine feine furchenförmige Borke. Bitte, scheinst du mir zuzuflüstern, bitte verhilf mir mit deinen Händen zu der hölzernen Vollkommenheit des geplanten Schreibtisches. Und übergib so, das ist mein Wunsch, meine ganze Geschichte dem sensiblen Betrachter des entstandenen Werkes.
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