27 August 2021

Bist du da?

Ich bin auf dem Lebensweg.

Da vorne eine Gabelung.

Wohin geht es rechts?

Wohin geht es links?

Einfach probieren.

Es geht bergauf.

Es geht bergab.

Um die Kurve.

Im weiten Bogen.

Zurück zum Anfang.

Der Kreis geschlossen. 


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20 August 2021

Liebe unter dem Dach (5)

[Vorgeschichte und Kennenlernen] [Besuch und Gegenbesuch]

5. Rock my Soul

Irgendwie ergibt es sich, dass wir uns immer mal wieder besuchen. Mal hat sie eine Frage zu ihrem ungeliebten Nebenfach Mathematik, mal bin ich neugierig, was sie gerade über die Evolution gelernt hat.

Heute sitzen wir bei mir, es ist Herbst geworden und durch das kleine Fenster wird es schon am Nachmittag recht schummrig. Ich freue mich über ihren Besuch, irgendwie war die Vorlesung heute nicht so gut, ich war wohl zu unkonzentriert. Auch das Lernen wollte nicht so recht klappen. Da kommt mir ein Klön mit Eva gerade recht. Eben ist sie aufgestanden, steht am Fenster und schaut in die untergehende Sonne. Wieso ist mir ihr schöner Po eigentlich vorher nie aufgefallen? Heute dafür umso mehr. Ich starre sie von hinten an, ist heute irgendetwas besonders an ihr? Jedenfalls stehe ich vom Bett auf, stelle mich neben sie und gemeinsam schauen wir hinaus zu den ersten fallenden Blättern. Ich lege meine Hand auf ihren Rücken und streichle an ihm hinunter. Sie dreht sich zu mir, gibt mir einen Klapps und weicht zurück. Sicher wird mein Gesicht dunkelrot, mir ist das total unangenehm und ich murmele eine Entschuldigung.

Aber die peinliche Situation dauert nur einen kurzen Augenblick. Sie kommt auf mich zu und im nächsten Moment spüre ich ihre Lippen auf meinen, ihre Zunge. Wir torkeln zum Bett, in Zeitlupe, wie in einem Drehbuch. Sie hat einen schönen Körper unter ihrem gebatikten T-Shirt. Und dann lieben wir uns, liegen prustend nebeneinander, lachen und lieben uns noch mal.

Ein wenig erschöpft sitzen wir dann im Bett, beide nackt, eine unwirklich Szene. „Rock my Soul“, schießt es mir durch den Kopf und fange ich an zu summen. Und sie summt mit, wir fangen an zu singen, immer abwechselnd „Rock my Soul“ – „In the bosom of Abraham“, immer lauter, bis Martin von unten klopft.

13 August 2021

Liebe unter dem Dach (3+4)

3. Besuch

Anders als gewünscht musste ich dann doch noch mal zu meinem Vermieter und ihn um einen Schlüssel für die WG bitten. Widerwillig kramte er in einem Schlüsselkasten, gab mir eine Handvoll Schlüssel unter der Maßgabe, alle nicht passenden unverzüglich wieder zurückzubringen.
Jetzt war alles komplett, mein Zimmer, meine Bücher, ich - und ein Bad.
Die ersten Wochen gingen dahin, mathematischer Vorkurs und das Kennenlernen von Kommilitonen füllten den Tag, das Lösen von Übungsaufgaben die Nacht. Außer dem Studium war weder Zeit noch Platz für Gedanken. So viele Alltagsprobleme, Orientierung in der fremden Stadt, neue Kameraden. 

Ich hatte mir den Tisch neben das Dachfenster gestellt, so dass ich immer mal aufstehen und hinausschauen konnte. Es gab einen schönen Blick über die umliegenden Häuser bis zu einem nahegelegenen Park. Gerade stand ich wieder gedankenverloren vor dem geöffneten Fenster, als es klopfte. „Ja?“ – „Ich bin’s.“ (Mädchenstimme). Ich öffnete die Tür, vor mir die Studentin von unten. „Und?“ – „Ich muss mal… schauen, wie es hier oben aussieht.“ – „Komm rein.“
Sie schlüpfte an mir vorbei ins Zimmer und schaute sich neugierig um. Der Blick streifte mein Bett, das Büchertischchen, das Fenster. „Was studierst Du eigentlich?“ – „Physik, im ersten Semester.“ Sie lächelte und zeigte mir ihre hübschen Zähne – „Ah. Ein Ersti.“ Und dann: „Das Zimmer ist ja schon ziemlich klein, aber einen schönen Ausblick hast Du.“ – „Ja, klein, aber ich bin froh, dass ich ein Dach über dem Kopf habe.“ Diesmal lachte sie spontan los: „Das mit dem Dach über dem Kopf kannst Du bei Dir wörtlich nehmen.“ (Pause) „Eva.“
Ich kochte uns beiden Tee, wir saßen auf dem Bett und sie blätterte in meinen Büchern. „Ich verstehe kein Wort.“ – „Ich auch nicht.“ Sie schaute mich überrascht an, versuchte herauszubekommen, ob ich es ernst meinte. „Wenn ich es verstände bräuchte ich es nicht zu studieren“, erklärte ich ihr.
Diesmal waren ihre Haare gekämmt, in der Nachmittagssonne glänzten sie wie Gold. „Und was machst Du?“ – „Biologie.“ Stimmt, darauf hätte ich kommen können. Sie war so naturschön, Make-up hatte ihr Gesicht bestimmt noch nie abbekommen.

4. Gegenbesuch

Der Stress der ersten Studienwochen ließ nach, ich lernte die anderen Mitbewohner in der WG kennen. Martin war so ein ganz weicher Sowi-Student, für alles Verständnis und ein geregeltes Leben wie das seiner Eltern konnte er sich überhaupt nicht vorstellen. Mitschwimmen und immer den Menschen helfen, die seine Hilfe am dringendsten brauchen. Tobias war in Germanistik eingeschrieben, hing aber lieber bei den Wirtschaftswissenschaftlern herum, weil die Mädchen da hübscher wären. Und Margot (wie kann man sein Kind nur so nennen?) wollte Grundschullehrerin werden. Kinder: ihr ein und alles, voller Begeisterung berichtete sie von ihren Praktika.
Mal wieder so ein Nachmittag, an dem ich schon früh meinen Stoff durch hatte und auf einen Tee runter lief. Nur Martin saß in der Küche, Eva müsste auch da sein und ich könnte sie fragen, ob sie auch Lust hätte. Ich klopfte bei ihr, nichts. Leises Türöffnen, sie lag auf dem Bett und war offensichtlich über einem ihrer Bücher eingeschlafen. Noch während ich überlegte, ob ich sie besser schlafen ließe schreckte sie hoch, schlaftrunken: „Ja?“ – „Ich muss mal… Dich besuchen.“ – „Komm rein.“
Ich schloß die Tür hinter mir, schaute mich um. Es war alles bunt, ein Asparagus hing in einer Makramee-Blumenampel, der Bettrahmen war laienhaft-liebevoll als Tigerente gestrichen. Daneben ein Bücherregal, lauter Biologiewerke und ein Schreibtisch, ebenfalls voll mit Biobüchern. Jetzt wachte Eva langsam wieder auf, „Gefällt‘s dir?“ – „Gemütlich hast du’s.“
Wir unterhielten uns über das Studium, dann erzählte sie von zu Hause, sie kam aus einem kleinen Dorf, aber einen richtigen Hof hätten sie nicht. Leider, wie sie sagt, sie würde gerne etwas mit Tieren machen, Zucht vielleicht oder einen richtigen eigenen Hof haben. Bei den Vorlesungen kommt sie ins Schwärmen, vor allem Anthropologie macht ihr Spaß und der Professor sei so nett. Wenn auch chaotisch, aber das wäre sie ja schließlich auch. [Fortsetzung folgt.]

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06 August 2021

Liebe unter dem Dach (1+2)


1. Vorgeschichte

Es war Semesterbeginn. Die ohnehin schon angespannte Wohnungssituation entwickelte sich dramatisch weiter. Der Wohnungsmarkt schwankte zwischen komatöser Leblosigkeit und chaotischer Hektik. Ein Zimmer zu bekommen war mehr oder weniger Zufall, und ich konnte mich glücklich schätzen, im vierten Stock untergekommen zu sein.

Der Hausbesitzer hatte das Haus schon immer etagenweise vermietet, dieses Jahr hatte er auch noch den Dachboden ausgeräumt und noch mal ein Zimmer freigemacht. Ein bisschen Dämmwolle zwischen die Sparren, Spanplatten drauf und gestrichen. Mein Zimmer.

Bis zum dritten Stock gab es eine normale Treppe und immer rechts und links Wohnungen mit drei oder vier Studenten, alles Wohngemeinschaften mit einer Küche und einem Badezimmer. Zum Spitzboden führte dann eine schmale Stiege, linkerhand ein Speicher, rechts meine Studentenbude. Ein wenig karg war es schon, ein Bett, ein Tisch, Stuhl und ein kleines Bücherregal mussten sich den Platz unter der Dachschräge teilen. Immerhin hatte ich an der einzigen senkrechten Wand ein Waschbecken neben der Tür, so dass ich mich waschen konnte. Für die Benutzung der Toilette oder eine Dusche musste ich in die WG unter mir laufen.

2. Kennenlernen

Es war ein sonniger Tag im September, an dem ich mein Zimmer bezog. Der Vermieter hatte mir noch ein paar Tipps gegeben und feierlich den Schlüssel übergeben. Es wäre ihm sehr recht, wenn ich pünktlich zahlte und ihn ansonsten nicht behelligte. Ein wenig aufgeregt lief ich im Zimmer umher, packte meine Bücher auf den klapprigen Nierentisch, den mir der Hausherr vermacht hatte. Auch einen ausrangierten Teppich hatte ich noch aus dem Keller hochgeschleppt, der Geruch würde im Laufe der Zeit schon verschwinden.

Ich legte mich auf das Bett, müde und von den vielen neuen Eindrücken erschöpft schlief ich ein. Früh am Morgen wachte ich auf, die Blase drückte und mir wurde bewusst, dass ich in die WG runter musste. Ich warf mir ein Handtuch über den Rücken, schlüpfte in Sandalen und stieg die steile Treppe hinunter in die Zivilisation. Doch oh weh, die Wohnungstür war zu und ich hatte keinen Schlüssel. Trotz der frühen Uhrzeit musste ich klingeln. Nichts passierte. Mein Harndrang wurde immer stärker, aber ich wollte mich nicht direkt durch Sturmklingeln unbeliebt machen. Nach einer kleinen Ewigkeit drückte ich noch mal den Klingelknopf. Und tatsächlich, jetzt hörte ich Bewegung.

Die Tür ging auf, eine junge Frau stand vor mir, Haare zerzaust, aus dem Bett gefallen. „Ja?“ – „Ich wohne über euch.“ – „Und?“ – „Ich muss mal.“ Sie brauchte einen Moment, um zu verstehen. „Komm rein!“. Ich schlüpfte an ihr vorbei und durch den Flur auf die angelehnte Tür zu, die nach WC aussah. Ich tastete nach dem Lichtschalter und bahnte mir einen Weg zwischen Handtüchern und Wäsche zur Toilette. Als ich wieder herauskam, war die Studentin verschwunden. Vermutlich schlief sie schon wieder. Ich zog die Tür leise hinter mir zu und machte mich wieder in mein Zimmer. [Fortsetzung folgt.]

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