04 Juni 2021

Lingerie when wet


Wie jeden Freitag treffe ich mich nachmittags mit Steffi zum Plaudern und gemütlichen Zusammensitzen. Heute ist auch ihre beste Freundin Judith mit von der Partie, sie hat ihren Freund Thomas mitgebracht. Auf dem etwas in die Jahre gekommenen Couchtisch steht das übliche Tea-for-two Gedeck, Tassen mit dem Aufdruck „ME“ und „YOU“. Für die zusätzlichen Gäste hast Steffi bei ihren Eltern noch ein paar Kaffeetassen stibitzt und dabei vermutlich in der Vitrine noch Kandiszucker entdeckt.

Jedenfalls sitzen wir so gut es geht zu dritt auf dem Zweisitzer, Thomas ist weitgehend im Sitzsack eben der Couch versunken. Er erzählt gerade ein Erlebnis aus der Schule, eine lustige Panne beim Sportunterricht heute. Der Referendar hat den Fosbury-Flop vorgemacht und zum Entzücken aller Mädchen ist sein T-Shirt dabei über seinen Sixpack hochgerutscht.

Judith weiß nicht so recht, was sie dazu sagen soll, eine Mischung aus Begeisterung und Verlegenheit lässt ihr das Blut in die Wangen schießen. Oder waren die Wangen schon vor der Geschichte gerötet? Sie beugt sich zu meinem Schwarm herüber, flüstert der Freundin was ins Ohr und schon springen die zwei auf und lassen Thomas und mich alleine zurück. Männerrunde. Wir schauen uns etwas überrascht an, Thomas wechselt zu mir auf die Couch und wir nutzen die Gelegenheit, um über die neuesten Schallplatten zu diskutieren.

Dann stehen die beiden Mädchen wieder genauso unvermittelt im Zimmer, wie sie verschwunden waren. Nur dass zwischendurch ziemlich viel passiert sein muss. Sie sind geschminkt, tragen Lippenstift und haben sich die offenen Haare zusammengemacht. Aber noch viel bemerkenswerter ist die Kleidung, denn nun haben sie nur noch leichte Strandkleidchen an und darunter – unübersehbar und geradezu aufreizend – hübsche Unterwäsche.

Die Überraschung ist den beiden geglückt, wir starren sie an wie von einem anderen Stern, mir schießen Begriffe wie Reizwäsche und Spitzenhöschen durch den Kopf. Stille, endlich durchbrechen die Mädchen die unangenehme Spannung, indem sie sich bei den Händen fassen und anfangen zu kichern. Jetzt müssen alle lachen, die Stimmung wird ausgelassen, Thomas und ich feuern das Paar an, das nun auf der anderen Seite des Couchtischs Polonaise macht, mit Drehungen und Posen.

Und dann seid ihr wieder weg. Als wäre es reine Einbildung gewesen, ist der Raum wieder leer. Ein zarter Duft von Parfüm liegt noch in der Luft, sonst keine Hinweise auf eure Anwesenheit. Wir warten noch einen Moment, ob die Tür wieder aufspringt und ihr zurückkommt, mit der nächsten Überraschung vielleicht? Aber sie bleibt zu, wir sind ein wenig enttäuscht, aber im Moment passiert einfach nichts mehr.

Es vergeht einige Zeit, bis Steffi wieder herein kommt, auch Judith ist dabei, ein Tablett in der Hand. Auf den Lippen sieht man noch Reste vom Lippenstift, auch die Mascara ist nur halbwegs verschwunden. Aber die Kleidung ist wieder alltäglich, kein Hinweis auf die Lingerie. Und mit Unschuldsmiene verteilt ihr Gläser mit Limonade und feiert vermutlich innerlich euren Mut und die gelungene Wirkung auf die beiden hin- und hergerissenen Jungs. 

[Andere Blogs: Interdisziplinäre GedankenDienstliche Glossen] 

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