28 September 2020

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27 September 2020

Autonarren unter sich

 Den Zündschlüssel gedreht. Blubbernd startet der Motor.
Du: Kraftvoll
Ich: 340 PS
Den Fuß auf das Gaspedal. Kein Aufheulen, ein dumpfes Grollen aus dem Motorraum
Du: Von unten.
Ich: Ein echter Reihen-Sechser. Hört man.
Du: Doppelvergaser
Ich: Venturirohr – der atmet tief.
Du: Mit Ölkühler.
Blick auf die Temperatur. Wasser noch niedrig. Öl auf Betrieb.
Du: Kann losgehen.
Einstieg.
Du: Zeig ihn mir.
Tür zu. Innengeräusch. Innengeruch.
Du: Sauber.
Ich: Anschnallen. Ich fahr jetzt.
Du: Hosenträgergurte
Los. Langsam aus der Einfahrt. Zufahrt. Autobahn.
Linke Spur. Kopf zurück in den Sitz gedrückt.
Ausfahrt. Kurve genommen
Du: Liegt sauber
Ich: Spurt genau.
Landstraße zurück. Aussteigen. Motor läuft noch.
Du: Mach mal auf.
Ich: Abgasrohre symmetrisch.
Du: Hydraulische Querlenker.
Ich: Und elektronisch gesteuerte Spurstangen.
Du: Wahnsinn.
Motor aus. Wir gehen rein. Ein Bier jetzt.

19 September 2020

Werbung – ein Rondo

Er ging seinen Weg schon vor langer Zeit
Und er wanderte viele Kilometer weit
Mit einem Rucksack, den auf dem Rücken trug
Fernab fand er Land, wo er ihn entlud,
Dort baut er eine Hütte, einen Vorratsraum,
Er bebaute sein Land, zog einen Zaun,
Denn – andere kamen denselben Weg
Sie kamen in Scharen, gingen nie wieder weg.
Erst kamen die Kirchen, dann die Schulen,
Lastwagen und Autos – riesige Fuhre.
Es kamen Richter, mit ihnen Gesetz,
Man baute Hochhäuser an alle Plätze.
Es stiegen die Preise, es stieg der Konsum,
Konsum durch Werbung mit viel Drumherum.
Geschäfte, Geschäfte für all‘ diese Leute;
Man weiß ja, sie sind eine sichere Beute
Für Werbung – 

Davon zog der Mann, der der Gründer war
Und wanderte weiter ein ganzes Jahr.
Er schickte den Rucksack per Flugzeug voraus
Wo noch keiner war, da baut er sein Haus.
Doch – andere kamen denselben Weg
Sie kamen in Scharen, gingen nie wieder weg.
Und wieder die Kirchen und die Schulen,
Telegraphen und Bahnen auf breiten Spuren,
Es kamen Familien, dann der Rest,
Polizisten und Richter mit ihrem Gesetz.
Da blühten Geschäfte, da stieg der Ruhm
Aber am Ende: wieder Werbung, Konsum.

Da zog der Mann weiter, er zog um die Welt,
Doch überall, wohin er sein Haus auch stellt,
Wird er wieder verfolgt, bleibt er niemals allein:
Geschäfte und Werbung holen ihn ein.

[Siehe auch Dire Straits: „Telegraph Road“]

17 September 2020

Mein Englein

Was passiert mit einem Engel, der seine Flügel verliert, will der kleine Markus von seiner Mutter wissen.
Ein Engel kann seine Flügel nicht einfach verlieren, sie werden nur mit der Zeit brüchig. Und dann bröckeln sie ab und zerfallen zu Staub.

Aber was ist dann, wenn er keine Flügel mehr hat?

Das ist sehr schlimm für einen Engel, denn dann kann man ja nicht mehr erkennen, dass er überhaupt ein Engel ist. Ohne Flügel kann er natürlich auch nicht mehr in den Himmel fliegen, um sich dort mit den anderen Engeln zu treffen.

Und was macht er dann?

Weißt Du, im Grunde ist es so, dass ein Engel ein sehr geliebtes Wesen ist. Die Flügel kommen durch diese Liebe zustande. Wenn diese Liebe altert, so altern auch seine Flügel, und dann ist er kein Engel mehr, sondern nur noch ein ganz normaler Mensch wie Du und ich. Findet er aber jemanden, der ihm wieder die Flügel anträumt, der ihn so sehr mag, dass er ihm im Geiste Flügel verleiht, so ist er gerettet.
Eigentlich gibt es auf dieser Welt sehr viele Engel, nur den meisten sieht man es nicht an, weil sie einfach zu wenig Liebe bekommen.
Leben beginnt bei diesen Geschöpfen dann, wenn sie wieder geliebt werden, dabei spielt es keine Rolle, wie der Liebhaber ist, ob alt oder jung oder wie auch immer er aussieht, es zählen lediglich die inneren Werte.
Manchmal kommt es vor, dass ein Mensch zu einem Engel wird, aber das ist ganz selten der Fall, leider passiert gerade in unserer hektischen, neumodischen Zeit viel öfter das Gegenteil, nämlich, dass ein Engel zu einem Menschen wird.
Das allerschlimmste daran ist, dass Engel unsterblich sind, sobald sie aber zu Menschen geworden sind, altern und niemanden finden, der ihnen wieder ihre Flügel verleiht, dann können sie sterben wie jeder andere Mensch, und niemand wird sich an sie erinnern.
Engel können männlich oder weiblich sein, auch wenn die Grammatik nur männliche Engel kennt, werden doch gerade manche Frauen mit Engeln verglichen. Eigentlich ist ein Engel aber geschlechtsneutral, vielmehr kann er das jeweilige Geschlecht annehmen, je nachdem, wer ihm Flügel anträumt.
Es ist gar nicht so schwer, dem Engel die Flügel zu verleihen, man braucht sich nur ruhig hinzusetzen, ihm ganz lange in seine Augen zu sehen und dann die Gedanken laufen zu lassen, Augen schließen und daran denken, ob man ihn sich mit Flügeln vorstellen könnte. Klappt das nicht, so hat man sich noch nicht genügend in ihn verliebt.

Ich habe mal einen gekannt. Er hat heute keine Flügel mehr.

[09/1988. Ich haderte mit einer Beziehung, die zu Ende gegangen war.]

15 September 2020

Politisch engagiert

In seiner Jugend habe er sich sehr für Politik interessiert, aktiv sei er gewesen und nächtelang mit seinen Kumpels diskutiert, wie die Welt zu retten und von der bedrohenden Gesellschaft zu befreien sei. Viel später dann die Freundin, nicht mehr die Mädchen bei den Sit-ins und Demos, nein, echte Liebe und das mit der Welt musste erst mal warten, da kam ja auch ein Kind und das sollte nicht in die Revolution kommen, die als einzige Möglichkeit in Betracht kam. Ja, das wollte er mir mal ganz deutlich sagen, nur eine Revolution kann unsere kranke Gesellschaft noch retten, was damals galt, wäre deshalb kein kalter Kaffee, kein Schnee von gestern, keine ausrangierten Hirngespinste. Manipulation allenthalben, gegen die wir uns auflehnen müssen. Dass ich das nicht sähe?

Einen Kaffee später hat er sich wieder beruhigt, aber lockerlassen wäre nicht sein Ding, inzwischen ist er Bäcker geworden, ein ehrbarer Beruf, kein Zuhälter und Halsabschneider, mit den eigenen Händen schaffen und mein tägliches Brot gib mir heute, das dürfte ich doch aus der Bibel kennen, ganz wörtlich in seinem Beruf und er muss lachen, weil ich ihn irritiert anschaue. Nein, um das mit seinen Worten zu sagen, das wäre keine Kritik an mir, nur an meiner Tatenlosigkeit, die Welt stehe Kopf, Regierungen wie Fahnen im Wind und ausgerechnet die Einflussreichen schauten weg, während die Arbeiter verarscht würden, entschuldigen Sie den Ausdruck, murmelt er dabei, aber ich will ganz offen reden.

In Griechenland damals, auf der kleinen Insel mit den schroffen Felsen habe er mit seinem Rucksack gesessen, kaum Geld in der Tasche aber ein Bild vor Augen, ein Bild von einer besseren Gesellschaft, mit seiner Frau und dem Baby, wie hätte er zu der Zeit an sein Herz denken können, das ihm heute zu Schaffen macht und ihn zwingt, jetzt alles daran zu setzen, die unbedingt notwendigen Änderungen und das Umdenken anzutreiben.

Ganz unvermittelt hält er inne. Schweigt. Schaut mich an und bricht in Tränen aus.