31 August 2020

Panne beim Frühstück

Wir wollten gemeinsam den Morgen gestalten
Und nicht allein sein und saßen am Tisch.
Wir hatten die Brötchen in Hälften gespalten
Die Eier, der Bacon, alles ganz frisch.
Ich weiß nicht, wie lang‘ ich schon Frühstück bereite
Kaffee und Tee und was sonst noch erfreut
Wir saßen nur da und auf der Küchenseite
Hat sich dann plötzlich der Zucker verstreut.
(Der Zucker verstreut.)

Tausendmal geschwatzt
Tausendmal ist nichts geplatzt
Einmal nicht hingeschaut
Jetzt ist der Raum versaut, voll versaut

Erinnerst du dich, wir haben Brote geschmiert
Und uns die Stullen für den Mittag garniert
Was war eigentlich los, wir haben nie was dosiert
So fest aufeinander, obwohl nichts filetiert.
War alles ganz logisch, wir kochen schon lange 
Als, dass beim Brutzeln eine Panne passiert
Ich kenne dein Müsli und den Quark und die Zange
Hatt‘ ich beim Quirlen schon zigmal berührt.
(Schon zigmal berührt.)

Tausendmal püriert
Tausendmal ist nichts passiert
Einmal nicht hingeschaut
Jetzt ist das Hemd versaut, voll versaut

Oh, wie viele Tage wusst‘ ich nicht, wie‘s geklebt hat,
Wär‘ nie drauf gekommen, denn das war ja Matsch
Und wenn ich dir oft von meinem Spülen erzählt hab‘
Hätt ich nie geahnt, das ist für dich reinster Tratsch.
Doch so aufgebracht hab‘ ich dich nie gesehen
Du sitzt neben mir, tobst und wirst so richtig laut
Was war bloß passiert, ich wollte Honig schmieren
Alles war so vertraut, jetzt alles versaut
(Es ist alles versaut.)

Tausendmal geschmiert
Tausendmal ist nichts passiert
Einmal nicht hingeschaut
Jetzt ist der Schlips versaut, voll versaut

25 August 2020

Bürgervielfalt

 Hutbürger,

Gutbürger,

Wutbürger,

Glutbürger,

Mutbürger,

Blutbürger,

Sudbürger,

Foodburger,

Hamburger,

Mampf.

22 August 2020

Am Fürstenhof der Elemente

 Ich habe mir berichten lassen, alles fing damit an, dass das Au (Gold) sich auf sein Adelsgeschlecht beruft. Verbindungen oder auch Vermischungen sind höchst unbeliebt, man möchte unter sich bleiben. Also bestenfalls mit dem Ag (Silber) kann man sich unbegrenzt vermischen, aber man braucht es nicht wirklich. Wer inert ist, kann gut alleine leben.

Mit einer gewissen Arroganz schauen diese Edelmetalle auf die gewöhnlichen Salze herunter. Geradezu abstoßend, wie die sich bei jeder Gelegenheit verkuppeln. NaCl (Kochsalz) ist so ein Kandidat. Da wird verbunden und geschäkert, was das Zeug hält. Aber für eine richtige und dauerhafte Beziehung mit kovalenter Bindung reicht es dann wieder nicht.

Man möchte sich fremdschämen, wenn man erlebt, wie sich Na (Natrium) auslebt, wenn es keinen Partner hat. Ist Cl (Chlor) in der Nähe ist Salzparty. Wasser verfügbar? Dann geht erst Recht die Post ab. Unter Zischen und Johlen wir NaOH (Natronlauge) gebildet.

Tja und dann diese Simpel, bei denen das ganze Dasein im Tete-a-tete mit ihresgleichen besteht. Das fängt ja schon beim H2 (Wasserstoff) an, aber schlimmer wird es dann beim O2 (Sauerstoff) mit seiner Doppelbindung oder - ist das eigentlich noch normal? – beim N2 (Stickstoff) mit gleich drei geteilten Elektronenpaaren. Man mag es sich als Mensch gar nicht vorstellen.

Da lob‘ ich mir den C (Kohlenstoff). Ein höchst wechselhaftes Element, als Kohle rabenschwarz, als Diamant strahlend klar. Und so kontaktfreudig und verwandlungsfähig, dass ihm ein eigener Zweig der Chemie (organische Chemie) gewidmet ist. Was da alles geht: Öle, Kunststoffe, Fasern und Erbinformationen – nichts wäre denkbar ohne dieses Element. Selbst Gold und Silber können an seiner besonderen Kristallstruktur nicht vorbei. Unter größtem Druck entstanden, ist der Diamant ein stolzer Kristall mit außergewöhnlicher Härte.

Ganz anders die neureichen Aufsteiger. Gase wie He (Helium) wollen Platz haben, den sie sich notfalls mit Gewalt nehmen. Besonders reaktionsfreudig sind sie nicht, man merkt ihnen an, dass sie (orbital) gesättigt sind. Ungebundenes Dolce Vita sozusagen.

Schließlich noch die Sensibelchen. Sie warten nur auf die Gelegenheit, ihre Depression auszuleben, Selbstmord zu begehen und spontan zu zerfallen. Und obwohl sie gegenüber den stabilen Elementen in der Minderzahl sind, bestimmen sie durch ihre Radioaktivität oft über Leben und Tod.

Kurz: Es geht zu wie am Fürstenhof. Wer sich die Ehre gibt und nach welchen höflichen Regeln eine Liaison in die Wege geleitet wird – Menschen sind eben auch nur Ansammlungen von Atomen.

07 August 2020

Willkommen auf dem Zahlenstrahl

 Hereinspaziert, hereinspaziert – wir sollten uns kennenlernen!

Bitte beim Eintreten den Kopf ein wenig einziehen, denn die Null ist nicht für großen Menschen gebaut. Sie trennt Positives und Negatives und tritt bei Addition und Subtraktion nicht in Erscheinung. Nur bei den Punktrechnungen ist sie geradezu herrisch unterwegs: Bei der Multiplikation lässt sie sich von keiner Zahl unterkriegen und bei der Division jagt sie das Ergebnis in die Unendlichkeit.

Doch schon stehen wir dem Butler gegenüber. Ein wenig steif nimmt uns die Eins in Empfang, kerzengerade, tadellos und der Hüter der unendlichen Weiten, die ganzzahlig alle auf diesen stummen Diener zurückzuführen sind. Diese Zahl hat Verwandtschaft zu Null, deren Bescheidenheit sie bei der Punktrechnung an den Tag legt; und sie ist es gewöhnt, dass sie bei den Strichrechnungen gegenüber großen Zahlen schlichtweg ignoriert wird.

Nur nicht entmutigen lassen von der etwas abweisenden Art des Türstehers, denn da schwebt schon – schwanengleich – die Zwei auf uns zu. Mir ihrer breiten Sohle und dem wundervollen Hals ist sie der Blickfang und an Charme kaum zu übertreffen. Alle geraden Zahlen gehören in ihr Reich (auch wenn sie von diesen die Kleinste ist), die kleinste Primzahl ist sie sowie die Basis jedes Binärsystems und damit jeden Computers. Sie ist die grazile Königin.

Wer mehr auf Rassefrauen steht, wird mit der Drei glücklich. Volle Rundungen, oben und unten, ein Bogen gibt den anderen. Hier steckt Leben, eine waschechte ungerade Zahl, Primzahl dazu und stolz darauf, in der Nähe der Königin zu sein. Unkompliziert wie sie ist, kann man durch eine simple Teilerregel auf ihren Anteil bei beliebig großen Zahlen schließen.

Dreht sie sich zur anderen Seite, dann sieht sie einen feinen Künstler. Den Taktstock in der Hand demonstriert die Vier, dass sie die Grundlage fast jeder abendländischer Musik ist. Mal als Walzer im Verbund mit der Drei, mal als selbstverliebter Blues oder harter Rock.

Die Mitte erreicht mit einer androgynen Fünf. Ist es ein Weib, so fragt man sich bei dem geschwungenen Unterleib, oder ist es ein Mann mit geschwellter Brust und geraden Linien? Vielleicht würde sie sogar ein wenig depressiv in dieser Sandwich-Position, wäre sie nicht von so großer Wichtigkeit: Als Hälfte der Zehn und damit der äquidistanten Unterbrechung unseres Dezimalsystems ist sie für einfache Rechnungen, Dividieren und Halbieren von größtem Wert.

Sechs? Eine ganz Herzliche, also wirklich rundum problemlos, vermutlich dauerhaft schwanger. Sie verblasst etwas hinter der Fünf als Mitte des Dezimalsystems, denn das Duodezimalsystem (12er) ist ein wenig aus der Mode. Nur noch beim halben Dutzend bemerken wir sie. Durch ihr sonniges Gemüt macht ihr das nichts aus, sie genießt die Nachbarschaft zur Sieben.

Auch so ein Lebenskünstler, die Sieben, ein Dandy, der sich mit seinem großen Hut gerne ein wenig in Pose wirft. Den Kopf zurück, die modische Kopfbedeckung nach vorne, beide Arme bereit für ein Tänzchen. Man muss ihn eigentlich gerne haben, aber – unter uns – es ist die unbeliebteste Zahl weit und breit. Wer mag schon gerne mit ihr rechnen, durch sie dividieren? Immerhin: die größte einstellige Primzahl.

Doppelringe mit Wespentaille und eine einzigartige Symmetrie zeichnen sie aus: Die Acht kann man einfach nicht übersehen. Sie strahlt die Souveränität einer Zahl aus, die sich auf die Zwei und die Vier verlassen kann. Von Natur aus natürlich gerade, Teil der binären Potenzreihe und eine Kubikzahl. Ob man sie von oben oder unten sieht: Sie ist immer gleich und wird in dieser stoischen Ruhe gerne mit innerem Gleichgewicht in Verbindung gebracht.

Schließlich der Kopf der Mannschaft. Man könnte fast meinen, dass es die Neun mit ihrem übergroßen Kopf auf dem dünnen Unterbau ein wenig übertreibt. Aber irgendwer muss ja als höchste einstellige Zahl den Überblick behalten. Kein Platz für Party, keine übertriebene Ritterlichkeit, aber sie nutzt die Potenz der Drei, von der sie sich an manchen Tagen geteilt fühlt.

Drehen wir uns jetzt um?

Wir kennen nun die gesamte einstellige Welt mit ihrem Eingang dem Türsteher und der Königin, der Partyfraktion und dem kühlen Denker. Nun heißt es Acht geben, dass wir uns mit ihnen gut halten, denn wir brauchen sie nun mal auf Schritt und Tritt.

Ermittlung

 Für die Ermordung der Fliege hat der kleine Henry ein mückenloses Alibi.